Jakobstraße: Verlorenes Zentrum jüdischen Lebens

Die Jakobstraße ist eine der ältesten Straßen der Magdeburger Altstadt und war zu Beginn des 20. Jahrhundert Teil eines belebten Wohn- und Geschäftsstraßenviertels. Hier ließen sich insbesondere zahlreiche jüdische Händler und Handwerker nieder, die auf der Flucht vor den antisemitischen Pogromen in Osteuropa nach Deutschland emigrierten. Unter ihnen dominierte eine orthodoxe Ausprägung des Judentums. Sie waren geprägt vom Leben der strenggläubigen Stetl.
Im Zuge der nationalsozialistischen Boykott-, Ausgrenzungs- und Diskriminierungsmaßnahmen wurden ab 1933 allmählich die sozialen und wirtschaftlichen Gefüge des Viertels zerstört. Viele jüdische Geschäftstreibende zogen weg, emigrierten erneut oder wurden gezwungen, ihr Geschäft aufzugeben (“Arisierung”).
Kaufhaus Barasch: Kristallisationspunkt der “Arisierung” (Breiter Weg)

Für die Magdeburger war das Kaufhaus Barasch ein Inbegriff der Moderne, denn sein umfangreiches Warenangebot zog Kundschaft aus dem gesamten Umland an. Mit Einheitspreisaktionen sorgte das Geschäft für Furore und starken Umsatz. Das 1902 von Hermann Broder gegründete Unternehmen entwickelte sich schnell zu einem der erfolgreichsten Warenhäuser der Stadt. Mitte der 1920er Jahre frequentierten jährlich 2,5 Millionen Kundinnen und Kunden das Geschäft. 1928/29 wurde das Unternehmen auf zwei Gebäude erweitert und modernisiert. Unter anderem erhielt auf Initiative des damaligen Baustadtrats Bruno Taut eine bunte Fassade.
Nach der nationalsozialistischen “Machtergreifung” geriet das Kaufhaus schnell ins Visier des neuen Staates. So führten die inszenierten Boykottaktionen am 1. April 1933 zu einem Aufruhr vor dem Geschäft, woraufhin die Polizei es mehrere Tage schließen ließ. Der antisemitische Schauprozess gegen den Schulleiter Albert Hirschland führte am 24. August 1935 erneut zu Krawallen. Kundinnen und Kunden wurden bedroht und die Eingänge zum Kaufhaus blockiert. Zum Jahreswechsel 1935/36 kam es schließlich zum direkten Angriff auf das Unternehmen. Nach der Denunziation jüdischer Angestellte auf Grundlage der “Nürnberger Gesetze” schloss die Staatspolizei am 12. Dezember 1935 für zwei Tage das Geschäft und zwang Broder, sämtliche jüdischen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu entlassen. So unter Druck gesetzt, prüft Broder den Verkauf des Unternehmens. Im Juli 1936 schließlich erwirbt Kaufmann Lemke aus Köslin das Unternehmen und führt es unter seinem Namen weiter. 1939 wird der Name Barasch endgültig aus dem Handelsregister Magdeburg gelöscht.