19. Februar – 30. Mai 1941
Mit insgesamt fünf Transporten werden 77 Männer und Frauen aus den Pfeifferschen Anstalten in die Heilanstalten Altscherbitz, Haldensleben, Uchtspringe und Schönebeck verlegt.Die Verlegung erfolgt auf Weisung des Oberpräsidenten der Provinz Sachsen. Für viele Betroffene wird ihr Lebensweg durch Mord in einer „Euthanasie“-Anstalt enden.
März 1941
Eduard Rohde, Mitglied im Internationalen Sozialistischen Kampfbund, stirbt im Militärstraflager Esterwegen an Tuberkulose.Anfang 1938 war zusammen mit 19 weiteren Mitgliedern des illegalen Magdeburger Ortsvereins des ISK von der Gestapo verhaftet worden. Gerade zur Wehrmacht eingezogen, verurteilte das Reichskriegsgericht Eduard Rohde zu fünf Jahren Zuchthaus.
1. März 1941
Reichsweit werden alle Juden im Alter zwischen 15 und 65 Jahren zur Zwangsarbeit einberufen. Die ersten Zwangsrekrutierungen erfolgten bereits im Jahr zuvor. In Magdeburg müssen die meisten Juden in kriegswichtigen Betrieben arbeiten.
18. März 1941
Das Sondergericht Dresden verurteilt Frank Massors, Leiter des Untergrundwerks der Zeugen Jehovas in Mitteldeutschland, zu sechs Jahren Zuchthaus.Ihm wurde die Verbreitung illegaler religiöser Schriften zur Last gelegt. Die Strafe sollte nach Kriegsende verbüßt werden.
2. April 1941
Die unter Depressionen leidende und zwangssterilisierte Else R. wird von der Landesheilanstalt in die „Euthanasie“-Anstalt Bernburg verlegt und ermordet.Ihrer Mutter schickt man eine gefälschte Todesurkunde, die ihren angeblichen Tod aufgrund einer Hirnschwellung am 19. April vermerkt. Else R.‘s Urne – ohne ihre Asche – wird am 12. Mai 1941 auf dem Westfriedhof beigesetzt.
8. April 1941
Einen Tag vor Ende einer zweijährigen Zuchthausstrafe wird Ernst-Günther P. in polizeiliche “Vorbeugehaft” nach Berlin überführt.Er war im Juli 1939 wegen seiner Homosexualität in Magdeburg zu einer Haftstrafe verurteilt worden, die er in den Straflagern Griebo und Esterwegen verbüßte. Sein weiteres Schicksal ist unbekannt. Wahrscheinlich ist er in KZ-Haft ums Leben gekommen.
20. Mai 1941
Der Betriebsführer der “Sack- und Planfabrik Curt Röhrich” denunziert die zwangspflichtete Sintezza Erna Lauenburger („Unku“) bei der Kriminalpolizei.Ihr Auftreten sei von „Arbeitsunlust“ und „freches Benehmen“ geprägt. Die Polizei verwarnt Erna Lauenburger und weist sie darauf hin, dass sie ohne Änderung ihres Verhaltens mit strengen polizeilichen Maßnahmen zu rechnen habe.
2. Juli 1941
Benno Meyer, wegen seiner Homosexualität verhaftet, wird in der „Euthanasie“-Anstalt Sonnenstein bei Pirna ermordet.Der Architekt war 62jährig in das KZ Sachsenhausen eingewiesen worden. Dort erkrankt, wurde er im Juni 1941 nach Sonnenstein deportiert und dort mit Kohlenmonoxid vergast. Offiziell wurde sein Tod als Altersschwäche deklariert.
14. Juli 1941
Robert Ritter, Leiter der “rassenhygienischen Forschungsstelle” des Reichsgesundheitsamts stuft die Sintezza Erna Lauenburger („Unku“) als „Zigeunermischling“ ein.Im Rahmen der nationalsozialistischen Verfolgungspraxis gegen Sint*ezza und Rom*nja bedeutet dies eine spätere Einweisung in ein Konzentrationslager.
16. Juni 1941
Die Regierung der Provinz Sachsen verbietet den Juden per Gesetz den Besuch “deutscher Kulturveranstaltungen”.Hierzu hatte am 12. Juni die Gauleitung der NSDAP aufgefordert. Bis dahin lag es im Ermessen der Veranstalter, Juden den Zutritt zu gestatten oder nicht.
16. Juli 1941
Else Massor, im Untergrund für die Zeugen Jehovas tätig, wird nach ständigen Misshandlungen als haftunfähig entlassen.Sie war zusammen mit ihrem Ehemann Frank Massor am 28. Februar 1940 wegen der Verbreitung religiöser Schriften verhaftet worden.
8. August 1941
Die Synagogen-Gemeinde wird endgültig aus dem Vereinsregister gelöscht.Bereits am 5. Juni 1940 musste sich die Gemeinde in Jüdische Kultusvereinigung umbenennen und wurde am 27. Mai 1941 offiziell der Reichsvereinigung der Juden in Deutschland angeschlossen.
9. September 1941
Das Reichspropagandaamt Magdeburg-Anhalt lobt die Provinzialregierung in Magdeburg für ihren Erfolg, Juden von allen öffentlichen Plätzen der Stadt fernzuhalten.
15. September 1941
Gemäß einer reichsweiten Verordnung müssen alle Juden ab dem 7. Lebensjahr einen gelben Davidstern sichtbar an der Kleidung tragen.Die Maßnahme besiegelt das Ende jeder Anonymität. Antisemitische Schmähungen und Misshandlungen in der Öffentlichkeit nehmen deutlich zu. Aus Angst vor Konfrontationen meiden viele Juden die Hauptverkehrsstraßen der Stadt.
23. September 1941
Der Provinzialregierung werden verschärfende Richtlinien für Bahnreisen von Juden mitgeteilt. Fortan dürfen sie nur noch in Zügen dritter Klasse reisen.Einen Sitzplatz dürfen sie nur einnehmen, wenn alle Nicht-Juden bereits einen haben. Zur Rushhour ist Juden die Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel grundsätzlich verboten.
24. September 1941
Den jüdischen Krankenpflegeschülerinnen wird mitgeteilt, dass sie fortan nicht mehr versichert seien.
Oktober 1941
Eine Polizeiverordnung dehnt das Verbot für Juden, “deutsche” Kulturveranstaltungen zu besuchen, auf den Besuch von Cafés und Gaststätten aus.
1. November 1941
Bei den Polte-Werken wird ein provisorisches Lager für polnische Zwangsarbeiter errichtet.
4. November 1941
Die Provinzialregierung erhält eine Mitteilung des Reichsfinanzministers über das genaue Vorgehen bei den bevorstehenden Deportationen.Zuerst sollen alle Juden deportiert werden, die nicht in kriegswichtigen Unternehmen arbeiten. Besitz und Eigentum der Deportierten sollen zugunsten des Reichs beschlagnahmt werden. Bereits in den Monaten zuvor wurden hierfür sämtliche Besitztümer von Juden registriert. Geräumte Wohnungen und Zimmer sollen an die Stadtverwaltung zurückgegeben werden.
20./21. November 1941
Alle Mitglieder der jüdischen Gemeinschaft müssen den Besitz von Schreibmaschinen, Fahrrädern, Fotoapparaten und anderen Gütern melden.Die Registrierung des Besitzes ist Teil der vorbereitenden Maßnahmen zur Konfiszierung der Güter und der Deportation ihrer Besitzer.
8. Dezember 1941
Die Stadtverwaltung bestätigt die “Arisierung” sämtlicher Geschäfte und Firmen, die einst Juden gehört haben.
12. Dezember 1941
Die Gestapo fordert die Vorsitzenden der jüdischen Gemeinde auf, ihren Mitgliedern den Besuch von städtischen Kinos zu untersagen.Nur so könnten “Ausschreitungen der deutschblütigen Bevölkerung gegen Juden” verhindert werden.