Altes Rathaus: Gewaltsame Machtübernahme
Am Alten Markt befand sich ab dem 13. Jahrhundert das Zentrum der städtischen Selbstverwaltung. Das hier erbaute Rathaus wahr zugleich Zeugnis des Strebens nach politischer Autonomie. Nach der Zerstörung im Dreißigjährigen Krieg 1713 wiedererrichtet, dient das Alte Rathaus seither als Sitz der (Ober-)Bürgermeister und des Stadtrates. Sowohl Stadtrat als auch Stadtverwaltung waren seit 1918 sozialdemokratisch dominiert und damit den Nationalsozialisten besonders verhasst. Sie malten ein Schreckensbild des “Roten Rathauses” und richteten im Zuge der “Machtergreifung” ab Februar 1933 ihre Aktionen gegen diesen symbolträchtigen Ort und dessen politischen Vertreter. Noch vor den von den Nazis angesetzten Kommunalwahlen und der politische forcierten Gleichschaltung wurde hier die Zerstörung der kommunalen Autonomie gewaltsam vorweggenommen.
Diese Entwicklungen fanden ihren Niederschlag in drei Rathausbesetzungen vor und nach den letzten halbwegs freien Kommunalwahlen am 12. März 1933. So drangen am 8. März 1933 SA und Stahlhelm gewaltsam in das Rathaus ein, entfernen die schwarz-rot-goldenen Fahne der Weimarer Republik und hissen stattdessen die schwarz-weiß-rote Fahne des Kaiserreichs, die Fahne Preußens sowie die Hakenkreuz-Flagge der NSDAP. Drei Tage später stürmte die SA erneut das Rathaus und zerren Oberbürgermeister Ernst Reuter sowie seinen Stellvertreter Herbert Goldschmidt gewaltsam aus dem Gebäude. Anderthalb Wochen nach den Kommunalwahlen kam es am 21. März zu einer dritten Besetzung des Alten Rathauses durch Mitglieder von SA, SS und Stahlhelm. Sie erklärten Ernst Reuter für abgesetzt und proklamierten SA-Standartenführer Max Schulze zum “kommissarischen Oberbürgermeister”. Tags darauf folgte die preußische Regierung dem gewaltsamen Druck der Straße und ernannte Fritz Markmann, Mitglied der NSDAP, zum neuen Oberbürgermeister. Seine formale Wahl erfolgte dann am 6. Juli 1933.
Seit einigen Jahren erinnert eine Gedenktafel an der Südseite des Alten Rathauses an die Verfolgung von Mitgliedern der Stadtverordnetenversammlung im Nationalsozialismus. An Ostseite erinnert ein Stolperstein an Bürgermeister Herbert Goldschmidt und seine Ermordung 1943 in Riga.
Barlach-Ehrenmal (Dom)
Im Auftrag des preußischen Kultusministeriums schuf Ernst Barlach ab 1927 ein Ehrenmal für die Gefallenen des Ersten Weltkriegs. Die Holzplastik wurde am 24. November 1929 im Dom eingeweiht. Die Skulptur befindet innerhalb einer Konche in der Ostwand des nördlichen Querhauses. Sie zeigt zweimal drei Personen, die in der oberen Reihe für Erfahrung, Wissen und Naivität im Krieg sowie in der unteren Reihe für Not, Tod und Verzweiflung stehen.
Wegen seiner bildhaften Anklage betrieben Gemeindekirchenrat und Domprediger Ernst Martin sowie der der Direktor des Kaiser-Friedrich-Museums Walter Greischel seine Entfernung. Schließlich ließ das Kultusministerium 24. September 1934 die Skulptur in die Nationalgalerie Berlin verbringen. Nach Ernst Barlachs Tod 1938 sorgten Freunde für die Übergabe an die Pfarrkirche in Güstrow und bewahrten es vor der Vernichtung. 1949 von der Galerie Moritzburg in Halle (Saale) übernommen, fand das Ehrenmal am 19. September 1955 wieder seinen angestammten Platz.
Braunes Haus: Frühes Zentrum der Repression (Regierungsstraße 1)
Direkt an das Kloster Unser Lieben Frauen grenzend, befand sich bis 1933 der Sitz der Vorstände von SPD, Sozialistischer Arbeiter-Jugend und der Arbeiterwohlfahrt im Regierungsbezirk Magdeburg sowie der Bundeszentrale des Reichsbanners Schwarz-Rot-Gold (1924 in Magdeburg gegründet). Im Zuge der nationalsozialistischen “Machtergreifung” drang die SA am 8. März 1933 gewaltsam in das Gebäude ein und besetzten es drei Tage später. Als “Horst-Wessel-Haus” diente ihr es als “wildes” Konzentrationslager für politische Gegner. Im April 1934 wurde das Haus von der Gestapo in Besitz genommen. In der Bevölkerung erhielt das Gebäude schon bald den Namen “Braunes Haus”. Es diente der Gestapo dem Verhör und der Folter politischer und weltanschaulicher Gegner.
Das Gebäude wurde im Zweiten Weltkrieg zerstört und existiert heute nicht mehr. An seiner Stelle erinnert heute eine Gedenktafel an die Verfolgung politischer Gegner.
Hauptbahnhof: Startpunkt für Exil und Deportationen
Der 1873 eröffnete zentrale Bahnhof Magdeburgs steht in vielfacher Beziehung zur Verfolgungsgeschichte des Nationalsozialismus. Von hier aus verließen Verfolgte des NS-Regimes die Stadt auf der Suche nach Sicherheit an anderen Orten des Deutschen Reiches oder im europäischen Exil. Von hier aus wurden als Teil der „Kindertransporte“ nach den Novemberpogromen 1938 junge Menschen jüdischer Herkunft nach Großbritannien in Sicherheit gebracht. Von hier aus fanden die Deportationen jüdischer Bürger in die Ghettos und Vernichtungslager im besetzten Osteuropa statt.
Die gewaltsame Vertreibung von Jüdinnen und Juden aus Magdeburg begann 1938 mit der Expatriierung und Ausweitung, derer, die zu Beginn des 20. Jahrhunderts von den Pogromen in Polen und Russland nach Deutschland geflüchtet waren. Etwas 135 Menschen aus der Region – davon 74 aus Magdeburg – waren davon betroffen.
Ab 1942 begann dann die systematische Deportation in die osteuropäischen Ghettos und Vernichtungslager. Vom 14. April 1942 bis zum 16. Januar 1944 verließen sieben Deportationszüge mit mindestens 347 Magdeburger Jüdinnen und Juden den Hauptbahnhof in das KZ Theresienstadt, das Warschauer Ghetto und das Vernichtungslager Auschwitz. Am 2. März 1943 wurden nach Auflösung des „Zigeunerlagers“ Magdeburg zudem 470 Sinti*zze und Rom*nja nach Auschwitz deportiert.
Jakobstraße: Verlorenes Zentrum jüdischen Lebens
Die Jakobstraße ist eine der ältesten Straßen der Magdeburger Altstadt und war zu Beginn des 20. Jahrhundert Teil eines belebten Wohn- und Geschäftsstraßenviertels. Hier ließen sich insbesondere zahlreiche jüdische Händler und Handwerker nieder, die auf der Flucht vor den antisemitischen Pogromen in Osteuropa nach Deutschland emigrierten. Unter ihnen dominierte eine orthodoxe Ausprägung des Judentums. Sie waren geprägt vom Leben der strenggläubigen Stetl.
Im Zuge der nationalsozialistischen Boykott-, Ausgrenzungs- und Diskriminierungsmaßnahmen wurden ab 1933 allmählich die sozialen und wirtschaftlichen Gefüge des Viertels zerstört. Viele jüdische Geschäftstreibende zogen weg, emigrierten erneut oder wurden gezwungen, ihr Geschäft aufzugeben (“Arisierung”).
Kaufhaus Barasch: Kristallisationspunkt der “Arisierung” (Breiter Weg)
Für die Magdeburger war das Kaufhaus Barasch ein Inbegriff der Moderne, denn sein umfangreiches Warenangebot zog Kundschaft aus dem gesamten Umland an. Mit Einheitspreisaktionen sorgte das Geschäft für Furore und starken Umsatz. Das 1902 von Hermann Broder gegründete Unternehmen entwickelte sich schnell zu einem der erfolgreichsten Warenhäuser der Stadt. Mitte der 1920er Jahre frequentierten jährlich 2,5 Millionen Kundinnen und Kunden das Geschäft. 1928/29 wurde das Unternehmen auf zwei Gebäude erweitert und modernisiert. Unter anderem erhielt auf Initiative des damaligen Baustadtrats Bruno Taut eine bunte Fassade.
Nach der nationalsozialistischen “Machtergreifung” geriet das Kaufhaus schnell ins Visier des neuen Staates. So führten die inszenierten Boykottaktionen am 1. April 1933 zu einem Aufruhr vor dem Geschäft, woraufhin die Polizei es mehrere Tage schließen ließ. Der antisemitische Schauprozess gegen den Schulleiter Albert Hirschland führte am 24. August 1935 erneut zu Krawallen. Kundinnen und Kunden wurden bedroht und die Eingänge zum Kaufhaus blockiert. Zum Jahreswechsel 1935/36 kam es schließlich zum direkten Angriff auf das Unternehmen. Nach der Denunziation jüdischer Angestellte auf Grundlage der “Nürnberger Gesetze” schloss die Staatspolizei am 12. Dezember 1935 für zwei Tage das Geschäft und zwang Broder, sämtliche jüdischen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu entlassen. So unter Druck gesetzt, prüft Broder den Verkauf des Unternehmens. Im Juli 1936 schließlich erwirbt Kaufmann Lemke aus Köslin das Unternehmen und führt es unter seinem Namen weiter. 1939 wird der Name Barasch endgültig aus dem Handelsregister Magdeburg gelöscht.
Mahnmal für die ermordeten Sinti und Roma (Am Dom)
Gegenüber der Südseite des Doms wurde am 29.10.1998 ein Mahnmal für die ermordeten Sinti und Roma aus Magdeburg eingeweiht. Der von Wolfgang Roßdeutscher geschaffene Gedenkort erinnert an die im Nationalsozialismus verfolgten, deportierten und ermordeten Sinti und Roma aus der Region Magdeburg.
Bereits Ende der 1980er Jahre gab es erste Überlegungen zur Schaffung eines Mahnmals. Die Debatten zogen sich jedoch über zehn Jahre hin bis schließlich 1998 Wolfgang Roßdeutscher mit der Realisierung beauftragt wurde. Damit ist nach Berlin Magdeburg die erste Stadt in Ostdeutschland, die mit einem Mahnmal an das Schicksal der Sinti und Roma erinnert.
Das Mahnmal am Dom wurde 2009 durch eine Gedenkstele am Ort des ehemaligen „Zigeunerlagers“ am Holzweg (heute Olvenstedter Graseweg, Fußgängerzugang zum Florapark) mit den Namen aller 340 ermordeten ergänzt. Jährlich findet dort am 1. März eine Gedenkveranstaltung des Bündnis gegen Rechts Magdeburg in Erinnerung an die Deportation statt.