21. September 1937
Die Schulbeiräte der Magdeburger Gemeindeschulen stimmen der Einrichtung einer separaten „Judenschule“ zu.Seit Juli 1937 hat es entsprechende Pläne der Stadtverwaltung gegeben. Die Initiative hierzu war vom örtlichen NSDAP-Leiter ausgegangen.
21. September 1937
Das Oberlandesgericht Magdeburg verurteilt den jüdischen Bankier Philipp Schmulewitz in einem zweiten Schauprozess zu sieben Jahren Zuchthaus und 315.000 RM Geldstrafe.Außerdem werden ihm zehn Jahre die Grundrechte aberkannt. Hintergrund ist der unbewiesene Vorwurf illegalen Devisenhandels.
20. September 1937
Erstmals wird gegenüber Mitgliedern der Zeugen Jehovas “Schutzhaft” in Verbindung mit der Einweisung in ein Konzentrationslager verhängt.Eine Angehörige der Glaubensgemeinschaft wird im Polizeipräsidium inhaftiert und am 16. Oktober in das KZ Moringen überstellt. Bis 1940 wurden 14 weitere Mitglieder der Bibelforschervereinigung in den Konzentrationslagern Moringen, Sachsenhausen, Lichtenburg, Buchenwald und Ravensbrück interniert.
September 1937
Die Stadtverwaltung beschränkt die Behandlung von Juden in Krankenhäusern auf lebensbedrohliche Umstände.Begründet wurde die Maßnahme mit der angeblichen gesundheitlichen Gefährdung „arischer“ Patienten in Gegenwart von Juden.
26. August 1937
Das preußische Innenministerium ordnet an, keine weiteren Zulassung für die Einrichtung jüdischer Gast- und Schenkwirtschaften zu erteilen.Nach dem Verbot nicht-jüdische Gaststätten zu besuchen, wurde damiten die Ausgrenzung der Juden in der Öffentlichkeit weiter verstärkt.
13. August 1937
Oskar Zuckschwerdt, Pfarrer der evangelischen Ulrichkirche und Mitglied der Bekennenden Kirche, wird in Untersuchungshaft genommen.Ihm werden Verstöße gegen das Sammlungsgesetz und Kanzelmissbrauch vorgeworfen. Bereits im Dezember 1934 hatte ihn der Gemeindekirchenrat aufgefordert, sein Amt niederzulegen, um eine „Schädigung unserer evangelischen Ulrichgemeinde und der Volksgemeinschaft“ zu vermeiden. Nach mehreren Wochen U-Haft wird Zuckschwerdt wieder auf freien Fuß gesetzt, nachdem das Naumburger Oberlandesgericht am 28. November 1937 seiner Haftbeschwerde stattgegeben hatte.
5. August 1937
Julius Philippson, Reichschulungsleiter des Internationalen Sozialistischen Kampfbundes wird von der Gestapo in Berlin verhaftet.Wenige Monate später folgen der Leiter des Magdeburger Ortsvereins, Karl Melzer, und weitere 19 Mitglieder in Magdeburg.
31. Juli 1937
Gerhard Holzer, Leiter des Betriebsberichterstatter-Apparats der Magdeburger KPD, wird hingerichtet.Er war am 11. September 1936 vom Volksgerichtshof wegen Landesverrats zum Tode verurteilt worden.
31. Mai 1937
Die Stadtverwaltung fordert zum wiederholten Mal das preußische Kultusministerium auf, jüdische Schüler gesondert zu beschulen.
10. April 1937
Wie überall im Reich wird auch der Magdeburger Ableger der B’nai B’rith, die Mendelssohn-Loge, zerschlagen. Eigentum und Vermögen werden konfisziert, sämtliche Akten beschlagnahmt. Die Loge hatte ihren Sitz am Breiten Weg und wurde bis zur ihrer Auflösung von Georg Schäfer und dem Rabbiner Dr. Georg Wilde geleitet.
30. März 1937
Die Gestapo fordert alle Dienststellen in Preußen auf, die Namen aller Kur- und Badeorte aufzulisten, die von Juden besucht werden.Ziel war es, jüdische Familien auf den Besuch rein jüdischer Anstalten zu beschränken.
15. März 1937
Die preußische Regierung verbietet allen jüdischen Geschäften, Fahnen mit Hakenkreuz oder anderen nationalen Symbolen herzustellen oder zu verkaufen.Damit sollte öffentlich sichtbar die vermeintliche „Staatsfeindlichkeit“ der Juden verdeutlicht werden. Groteskerweise wurde Spielzeug von diesem Verbot ausgenommen.
1. März 1937
Der Direktor des Staatsarchivs weist Anfang des Jahres an, bis zum 1. März ein vollständiges Bestandsverzeichnis des Materials zu städtischen jüdischen Geschichte anzufertigen.Die dabei erfassten Hinweise auf Namensänderungen wurden als Versuche der betroffenen Familien ausgelegt, aus „kriminellen“ Gründen die Änderungen vorgenommen zu haben.
30. Dezember 1936
Die Geheime Staatspolizei löst den Ring “Bund Jüdischer Jugend” endgültig auf.Begründet wird die Auflösung damit, dass die Mitglieder des Rings Uniformen tragen und “militärtaugliche Übungen” durchführen würden. Beides sei jedoch verboten.
14. Dezember 1936
Die Gestapo verfügt, dass fortan alle ausgewanderten Juden, die nach Magdeburg zurückkehren, inhaftiert werden sollen.
12. Dezember 1936
Im Rahmen einer reichsweiten Protestaktion verteilen Mitglieder der Zeugen Jehovas auch in Magdeburg etwa 4.000 Flugblätter und fordern die Wiederzulassung der Glaubensgemeinschaft.Die Aktion wird von Ludwig Göbel vorbereitet, der die religiöse Tätigkeit der Zeugen Jehovas illegal fortführte.
24. November 1936
Auf Betreiben des Direktors der Landesheilanstalt Haldensleben wird Else R. auf Kosten der Stadt Magdeburg zwangssterilisiert.Else R. litt als junge Frau unter Depressionen und ließ sich auf eigenen Wunsch in die Nervenklinik Sudenburg einweisen. Von dort wurde sie nach Haldensleben verlegt. 1940 erfolgt ihre Einweisung in die Landesheilanstalt Uchtspringe.
7. Oktober 1936
Die Staatspolizei in Berlin nimmt Friedrich Weißler, bis zu seiner Entlassung am 21. Juli 1933 Landgerichtsdirektor in Magdeburg, in U-Haft.Unter seiner Mitwirkung war von der Bekennenden Kirche eine Denkschrift gegen die Zerstörung der kirchlichen Ordnung durch den NS-Staat an den Reichskanzler ausgearbeitet worden. Weißler wird vorgeworfen, die Denkschrift an die internationale Presse weitergegeben zu haben. Ende Januar 1937 wird er aus der Haft entlassen und in das KZ Sachsenhausen überstellt. Dort wird er am 19. Februar 1937 ermordet.
Herbst 1936
Die Staatspolizei Magdeburg zerschlägt eine trotzkistische Widerstandsgruppe, die vor allem in der Altstadt aktiv gewesen ist. Zwei ihrer Mitglieder, Max Laufer und Oskar Krämer, können aus der Haft entkommen.
4. August 1936
Das Landgericht verurteilt den jüdischen Bankier Philipp Schmulewitz wegen Devisenhandels zu einem Jahr Zuchthaus und 2.000 Reichsmark Geldstrafe.Der medial reißerisch begleitete Schauprozess beruht auf nicht bewiesenen Anklagepunkten und zielt auf die Demütigung und Entrechtung des Angeklagten. Dessen herzkranke Ehefrau Selma flieht vor der Hetzkampagne zu ihren Kindern nach England, die hier mit Unterstützung des Bankiers Zuflucht gefunden hatten. Die Lebenssituation der Familie wird zunehmend prekärer. Aller Zukunftsperspektiven beraubt, nimmt sich der 17jährige Sohn Herbert am 28. Juni 1937 das Leben.
30. Juli 1936
Polizeipräsident Thule von Klinckowström stellt in einem Abschlussbericht die endgültige “Arisierung“” des Kaufhauses Barasch fest.Das Kaufhaus sei “nunmehr an den Kaufmann L[emke]aus Köslin veräußert worden.” Weiter heißt es: “Eine Beteiligung der bisherigen Firmen-Inhaber an dem Umsatz des neuen Unternehmens besteht […] nicht mehr, sodass es sich bei der neuen Firma L. nicht um ein getarntes jüdisches Unternehmen handeln dürfte.”
24. Juli 1936
Im Rahmen einer gezielten Aktion gegen die Zeugen Jehovas werden 16 Mitglieder der verbotenen Glaubensgemeinschaft verhaftet. Bis Ende des Jahres kommen weitere 40 Angehörige hinzu.
23. Mai 1936
Die Staatspolizei Magdeburg erlässt ein zweimonatiges Verbot des Rings “Bund Jüdischer Jugend”.
30. April 1936
Die Provinzialregierung fordert alle Regierungsstellen auf, für eine sprachlich einheitliche antisemitische Beschilderung zu sorgen.Man wolle die Bevölkerung über jüdische „Verbrechen“ informieren und nicht, wie in Magdeburg, besonders “gehässig” gegenüber Juden sein.
24. April 1936
Der Oberpräsident der Provinz Sachsen und der preußische Wirtschaftsminister weisen an, sämtliche jüdischen Handelsvertreter durch “arische” Beauftragte zu ersetzen.
22. April 1936
Die Regierung der Provinz Sachsen verfügt, dass alle antisemitischen Schilder in Beschriftung und Form der von der NSDAP angeordneten einheitlichen Beschilderung folgen müssen.Dies sei mit Blick auf ausländische Besucher von großer Bedeutung.
4. April 1936
Die preußische Staatspolizei verbietet auf allen jüdischen Versammlungen den Gebrauch der hebräischen Sprache. Zuvor hatte es Beschwerden gegeben, dass auf öffentlichen Versammlungen „immer noch“ hebräisch gesprochen würde und dies die polizeiliche Überwachung verhindere.
20. März 1936
Vor dem Hintergrund der antisemitischen Kampagne gegen das Kaufhaus Barasch muss dessen Inhaber, Hermann Broder, das Unternehmen an den “arischen” Kaufmann Willibald Lemke verkaufen.Broder sah sich der Kampagne schutzlos ausgeliefert und war besorgt – analog zu seinen leitenden Angestellten – ebenfalls bezichtigt zu werden, sexuelle Beziehungen zu “Ariern” zu haben.
12. März 1936
Alle Versammlungen der noch zugelassenen jüdischen Organisationen werden bis zur Reichstagswahl am 29. März verboten. So soll jede jüdische politische Tätigkeit unterbunden werden.
3. März 1936
Wegen seiner Tätigkeit im antifaschistischen Widerstand wird der 1909 geborene Dreher Otto Lorenz in “Schutzhaft” genommen. Er habe sich für die “illegale K.P.D. betätigt” und “die öffentliche Sicherheit und Ordnung” gestört.