20. Mai 1933
Der Regierungspräsident berichtet, dass das Polizeigefängnis sowie die zwei provisorischen Schutzhaftlager im Hof des Polizeipräsidiums und in der Polizeiturnhalle am Zollhafen mit 125 „Schutzhäftlingen“ belegt seien.
23. Mai 1933
Auf einer Zugfahrt von Leipzig nach Magdeburg wird der ehemalige KPD-Reichstagsabgeordnete und Sekretär der “Revolutionären Gewerkschafts-Opposition” für den Bezirk Magdeburg, Ernst Brandt, in “Schutzhaft” genommen und in das Polizeigefängnis Magdeburg überführt. Von dort wird er einen Tag später nach Berlin sowie bis April 1934 in den Konzentrationslagern Sonnenburg, Esterwegen und Börgermoor interniert.
30. Mai 1933
Im Stadion “Neue Welt”, bis dato Sportanlage des Reichsbanners “Schwarz-Rot-Gold”, richtet die SA ein Schutzhaftlager (“wildes KZ”) ein. Am 30. Mai 1933 werden die ersten politischen Häftlinge hierher verlegt.
10. Juni 1933
Der Magdeburger Polizeichef, SA Gruppenführer Konrad Schragmüller, lässt den gewaltsam abgesetzten Oberbürgermeister Ernst Reuter (SPD) verhaften. Unter Bezugnahme auf das „Gesetz zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums“ wird Reuter wenige Wochen später, am 29. Juli, endgültig aus dem Stadtdienst entlassen.
17. Juni 1933
Der nationalsozialistische “Mitteldeutsche Zeitungsblock” bemächtigt sich der Verlagsstätten der sozialdemokratischen Volksstimme. Fortan wird hier das “Neue Magdeburger Tageblatt” produziert, das ab 1935 unter dem Titel “Der Mitteldeutsche” erscheint.
24. Juni 1933
Nach dem Verbot der SPD am 22. Juni werden mehr als 230 sozialdemokratische Funktionäre aus Magdeburg und Umgebung in “Schutzhaft” genommen. Wie auch hunderte Kommunisten misshandeln SA und Staatspolizei die inhaftierten Sozialdemokraten in zahlreichen “wilden Konzentrationslagern” – in Polizeikasernen, im Stadion “Neue Welt” oder dem nahegelegenen Schloss Dornburg und im Schloss Lichtenburg bei Prettin.
28. Juni 1933
Nach dem Verbot der “Internationalen Bibelforschervereinigung” (“Zeugen Jehovas”) werden deren Bundesgebäude von der Polizei geschlossen. Dutzende SS-Männer besetzen das “Bibelhaus”, verschließen die Druckerei und hissen auf dem Dach die Hakenkreuzfahne. Bis Ende 1933 werden die letzten Mitarbeiter:innen der Vereinigung von der Gestapo zur Aufgabe der Gebäude gezwungen. Viele ihrer Mitglieder werden verhaftet und in Konzentrationslagern interniert.
5. Juli 1933
Aus dem überfüllten Polizeigefängnis werden die ersten Häftlinge in das neu errichtete Schutzhaftlager in der Kaserne der Schutzpolizei am Schroteplatz überführt. In diesem provisorischen KZ sind zeitweise bis zu 300 Schutzhäftlinge interniert.
21. Juli 1933
Wegen des “Verdachts staatsfeindlicher Einstellung” wird das der Gewerkschafter Robert Schröder aus seiner Anstellung bei der Aktien-Brauerei Magdeburg entlassen. Er sei “in besonders gehässiger Weise gegen die Kräfte der nationalsozialistischen Bewegung” hervorgetreten. Schröder gehörte bis zu seiner erzwungenen Auflösung am 1. Juni 1933 dem Betriebsrat des Unternehmens an.
6. August 1933
Zum ersten Mal werden sog. Schutzhäftlinge – politische Gegner des NS-Regimes – aus dem Polizeigefängnis in Sudenburg in das KZ Lichtenburg überstellt.
11. August 1933
Ernst Reuter, von den Nationalsozialisten abgesetzter Oberbürgermeister Magdeburgs, wird vom Polizeigefängnis in das KZ Lichtenburg in Prettin überführt. Dort ist er als prominenter Häftling besonders schweren Misshandlungen ausgesetzt.
21.-24. August 1933
Nach der Besetzung und Schließung des “Bibelhauses” der Zeugen Jehovas werden sämtliche Schriften des Versandlager der “Wachtturm Bibel- und Traktat-Gesellschaft” am Stadtrand öffentlich verbrannt. Unter den mehr als 65 Tonnen an Druckerzeugnissen befanden sich auch Tausende Bibeln. Die Bitte der Zeugen Jehovas, die Bücher einstampfen zu lassen, und den Erlös aus der Aktion Arbeitslosen zugute kommen zu lassen, wurde verwehrt.
5. September 1933
Aus den Schutzhaftlagern der Polizei werden Häftlinge in das neu errichtete KZ Brandenburg überführt.
7. November 1933
Wegen anhaltender Überfüllung werden weitere Häftlinge aus den Magdeburger Schutzhaftlagern in das KZ-System – diesmal in das KZ Sonnenburg bei Küstrin – überstellt.
15. November 1933
Nach der polizeilichen Aufdeckung der Anlaufadressen kommunistischer Funktionäre verhaftet die Gestapo Dutzende KPD-Mitglieder, unter ihnen Karl Raddatz und Herrmann Danz. Beide werden 1934 wegen Hochverrats zu drei Jahren Zuchthaus verurteilt.
29. Dezember 1933
Vor dem Zwangsverkauf durch die Stadt findet im Haus der Freimaurerloge “Ferdinand zur Glückseligkeit” eine letzte festliche Zusammenkunft der Logenbrüder statt. Nach monatelangen Schikanen der Baupolizei wird das Logengebäude entschädigungslos enteignet, ebenso wie Inneneinrichtung und Bibliothek. Das Haus wird wenig später von der Stadtbibliothek Magdeburg in Besitz genommen.