22. Mai 1942
Wegen angeblicher „Herumtreiberei“ auf dem Breiten Weg wird der Sinto Paul K. verhaftet. Nach achttägigen Aufenthalt im Polizeigefängnis wird er wieder entlassen.
6. Juni 1942
Allen Juden wird die Nutzung von Warteräumen und Unterständen an Haltestellen öffentlicher Verkehrsmittel untersagt.
8. Juni 1942
Dr. Schillst, Verwaltungsbeamter in Magdeburg, nimmt an einem Seminar teil, das dem Fachaustausch über die Konfiszierungen nach der Deportation von Juden dient.Das Seminar wird vom Oberfinanzpräsidium Berlin-Brandenburg und dem Reichfinanzministerium organisiert. In dessem Rahmen wird u.a. daran erinnert, dass kinderreiche „arische“ Familien bei der Vergabe frei gewordener „Judenwohnungen“ zuerst zu berücksichtigen seien.
11. Juni 1942
Eine bisher unbekannte Zahl Magdeburger Jüdinnen und Juden wird in ein Ghetto im annektierten „Generalgouvernement“ deportiert, wahrscheinlich nach Lodz/Litzmannstadt-Ghetto. Die Deportation gilt formal als “Umsiedlung”, da sie innerhalb des erweiterten Reichsgebietes erfolgt. Die Betroffenen werden zu “Staatsfeinden” erklärt, um sie enteignen zu können.
17. Juni 1942
Alle Mitglieder der jüdischen Gemeinde werden aufgefordert, Heiz- und Kochgeräte sowie Plattenspieler und Schallplatten der Verwaltung auszuhändigen.
22. Juni 1942
Die Reichsvereinigung der Juden in Deutschland informiert die Eltern aller Schüler jüdischer Schulen über deren Schließung am 1. Juli.Außerhalb der Familien war seitdem auch kein Privatunterricht mehr erlaubt.
3. Juli 1942
Das Konsistorium der ev. Kirchenprovinz Sachsen erinnert die Superintendentur in Magdeburg mit scharfen Worten daran, keine Taufen von Juden mehr vorzunehmen.
10. Juli 1942
Im Rahmen einer gezielten Tötungsaktion gegen Homosexuelle wird Kurt Köpp im KZ Sachsenhausen ermordet.Der ledige Schneider war im Mai 1942 in das Konzentrationslager eingewiesen worden.
11. Juli 1942
Philipp Schmulewitz, 1936/37 in einem Schauprozess wegen angeblich illegalen Devisenhandels verurteilt, wird auch dem Zuchthaus nach Auschwitz deportiert. Dort kommt er ums Leben.
17. Juli 1942
Der in Kanton geborene Hsoum Ling-Li wird als Homosexueller im KZ Sachsenhausen im Rahmen einer gezielten Aktion gegen Homosexuelle ermordet.Er war wenige Wochen zuvor in das Konzentrationslager eingewiesen worden.
3. August 1942
Die Oberfinanzdirektion erhält alle Begleitakten zu den am 11. Juni deportierten Jüdinnen und Juden. Hierzu gehören auch die Empfangsbestätigungen für die Schlüssel zu ihren ehemaligen Wohnungen.
11. August 1942
Ernst Willwoldt, aktives Mitglied der Magdeburger Gemeinde der Zeugen Jehovas, stirbt im KZ Dachau.Nach einer Haftstrafe wurde er für einige Monate im KZ Neuengamme interniert und kam am 1. August 1942 nach Dachau.
1. Oktober 1942
Das Polizeipräsidium erlässt ein nächtliches Ausgangsverbot für Juden, dass zunächst bis 1. April 1943 befristet ist.
1. Oktober 1942
Die Polte OHG errichtet bis Ende November 1942 an der Großen Diesdorfer Straße 185 ein Lager für Zwangsarbeiter:innen aus Osteuropa.
14. Oktober 1942
Als KZ-Invaliden werden die Homosexuellen Hans Knüppel und Wilhelm Krüger in der „Euthanasie“-Anstalt Schloss Hartheim ermordet.Der ledige Eisenhändler Knüppel aus Ottersleben war seit Anfang 1942 im KZ Buchenwalt inhaftiert. Von dort deportierte man ihn in die KZ Natzweiler und Dachau. Der Kaufmann und Facharbeiter Krüger wurde im April 1942 zunächst in Buchenwald und dann im KZ Dachau interniert.
17. Oktober 1942
Moritz Choinowski, in Polen gebürtiger Jude, wird vom KZ Buchenwald nach Auschwitz deportiert.Choinowski hatte 1939 nach seiner erzwungenen Ausbürgerung vergeblich versucht, nach Belgien zu fliehen. Am 28. Januar 1945 wird er nach Dachau überstellt, wo er die Befreiung durch die Amerikaner erlebte.
20. Oktober 1942
Das Sondergericht Magdeburg verurteilt einen Melker auf Basis der „Volksschädlingsverordnung“ zum Tode.Der im Memelgebiet geboren Mann wird am 23. November 1942 in der gerade erst fertig gestellten Richtstätte des Zuchthauses in Halle (Saale) mit dem Fallbeil hingerichtet.
26. Oktober 1942
Das Landgericht Magdeburg annulliert die Ehe von Moritz Choinowski, in Polen gebürtiger Jude, und Margarethe Choinowski. Das Urteil wird am 6. Januar 1943 rechtskräftig.
18. November 1942
Mit dem “Transport XX/1” werden 73 Jüdinnen und Juden – davon 32 aus Magdeburg – nach Theresienstadt deportiert. Sie treffen dort am selben Tag ein.
25. November 1942
Mit dem “Transport XX/2” werden 76 Jüdinnen und Juden – davon 33 aus Magdeburg – nach Theresienstadt deportiert. Sie treffen dort am selben Tag ein.
2. Dezember 1942
Ein dritter Deportationszug (“XX/3”) bringt 70 Jüdinnen und Juden – davon 30 aus Magdeburg – in das KZ Theresienstadt. Sie treffen dort am selben Tag ein.
8. Januar 1943
Harry König wird vom KZ Buchenwald in das Gerichtsgefängnis Magdeburg überstellt. Er war 1942 wegen seiner Verlobung mit der “Geltungsjüdin” Ruth Choinowski in Schutzhaft genommen worden.Das Sondergericht Magdeburg verurteilt ihn als „Volksschädling“ zu zweieinhalb Jahren Zuchthaus. Die Strafe verbüßt er in den Haftanstalten Gräfenbonna und Hohenasperg.
8. Februar 1943
Albert Hischland wird aus der Haft im Zuchthaus nach Auschwitz deportiert, wo er ums Leben kommt.Der ehemalige Schulleiter war in einem antisemitschen Schauprozess wegen “Unsittlichkeitsverbrechen” zu einer zehnjährigen Haftstrafe verurteilt worden.
26. Februar 1943
Mit dem “30. Osttransport” werden 913 Personen (davon 77 aus Magdeburg) von Berlin nach Auschwitz deportiert. Sie treffen dort tags darauf ein. In Magdeburg mussten sich die betroffenen Jüdinnen und Juden in der Saalwirtschaft “Freundschaft” sammeln. Von dort wurden sie zum Hauptbahnhof gebracht und am 22. Februar nach Berlin überführt.
1. März 1943
Am 1. März 1943 wird das „Zigeunerlager“ Magdeburg in einer gemeinsamen Aktion von Gestapo und Polizei aufgelöst und sämtliche Bewohner verhaftet.Mit 10 bis 15 Lastwagen werden sie zum Magdeburger Polizeipräsidium gebracht. Einige Sinti und Roma, die nicht im Lager gelebt haben, werden von der Polizei gewaltsam aus ihren Wohnungen gezerrt und ebenfalls im Polizeipräsidium inhaftiert.
2. März 1943
Die Bewohner aus dem „Zigeunerlager“ Magdeburg werden nach dem Eintreffen weiterer Sinti und Roma aus der Region vom Güterbahnhof mit dem Zug nach Auschwitz deportiert.Von 470 Deportierten überlebten 340 den Holocaust nicht.
2. März 1943
Mit dem „32. Osttransport“ von Berlin aus werden auch der 37jährige Leopold Natowitz und seine drei Töchter Mia, Doris und Miriam aus Magdeburg nach Auschwitz-Birkenau deportiert. Sie treffen dort am 3. März ein.
23. März 1943
Das Sondergericht beim Landgericht Magdeburg verurteilt die in Lublin (Polen) geborene Katharina May wegen Fluchthilfe für zwei Kriegsgefangene zum Tode.Sie wird am 3. Mai 1943 im Zuchthaus Halle/Saale hingerichtet.
29. Juni 1943
Während des gesamten Zeitraums der Deportationen werden aus Magdeburg auch eine bisher unbekannte Zahl von Jüdinnen und Juden einzeln verschleppt, so auch die zehnjährige Rita Vogelhut. Sie wird am 29. Juni 1943 nach Theresienstadt deportiert und von dort am 16. Mai 1944 nach Auschwitz.
10. Dezember 1943
Das Sondergericht beim Landgericht Magdeburg verurteilt die Arbeiterin Irma H. wegen „Plünderung“ zum Tode. Die Strafe wird im Sommer 1944 wegen Schwangerschaft der Verurteilten in sechs Jahre Zuchthaus umgewandelt.