Salon auf der Schiene: Eine Feier für Lothar Kreyssig

08.09.2023 | Die Evangelische Erwachsenenbildung Sachsen-Anhalt und das Lothar-Kreyssig-Ökumenezentrum laden ein zu feiern. Mit der Sonderstraßenbahn, gestaltet durch die ökumenische Initiative hingucken-denken-einmischen, verfolgen sie Spuren, die Lothar-Kreyssig in Magdeburg hinterlassen hat; Orte, die auf ihn zurückgehen, Ideen, die er hier und andernorts verfolgt hat.
Am 30. Oktober 2023 jährt sich der Geburtstag des Richters Lothar Kreyssig zum 125. Mal, dessen Name mit Magdeburg eng verbunden ist. Kreyssig wandte sich in der Zeit des Nationalsozialismus‘ als vermutlich einziger deutscher Richter gegen die Euthanasieverbrechen an Behinderten und Kranken, von denen er durch seine Tätigkeit als Vormundschaftsrichter erfuhr. Er stellte 1940 Strafanzeige wegen Mordes gegen Reichsleiter Philipp Bouhler und verlor daraufhin sein Amt. Zeitweise war er mit der Deportation in ein KZ bedroht.
Nach dem Krieg kehrte er nicht in sein Amt zurück, da die Justiz in der Sowjetischen Besatzungszone nicht hinreichend rechtsstaatlich arbeitete. Stattdessen übernahm er ein hohes Amt in der Evangelischen Kirche, in der er sich schon zuvor in der Bekennenden Kirche engagiert hatte. Von 1945 bis 1964 war er Konsistorialpräsident der Kirchenprovinz Sachsen. In dieser Zeit war er auch im Rat der Evangelischen Kirche in Deutschland tätig, der zu dieser Zeit noch grenzüberschreitend tätig war.
Auf Kreyssig gehen viele gesamtdeutsche kirchliche Einrichtungen und Ideen zurück. Er gründete die Evangelische Akademie der Kirchenprovinz Sachsen und regte die Telefonseelsorge an. Die von ihm gegründete Aktionsgemeinschaft für die Hungernden war eine Vorstufe der späteren Aktionsgemeinschaft Solidarische Welt sowie der Organisation Brot für die Welt. Sein bedeutendstes Werk war die Aktion Sühnezeichen.
Alle Informationen zur Veranstaltungen finden sich auf der Website der Evangelischen Erwachsenenbildung.
Samstag, 09.09.2023 | 15 Uhr | Straßenbahnhaltestelle Domplatz
Spenden für Stolpersteine erbeten

31.07.2023 | In diesem Jahr werden in Magdeburg insgesamt 55 neue Stolpersteine verlegt. Sie erinnern an Menschen, die während der NS-Zeit in Magdeburg verfolgt und/oder ermordet wurden. Dafür bitten die Landeshauptstadt und die Arbeitsgruppe „Stolpersteine für Magdeburg“ um finanzielle Unterstützung.
Die Kosten für einen Stolperstein betragen 120 Euro. Jede Familie bekommt ein Gedenkblatt sowie einen ausführlichen Text gewidmet. Für die grafische Gestaltung werden jeweils weitere 35 Euro benötigt. Auch kleinere Beträge können gespendet werden. Jede Spende wird einem konkreten Stolperstein zugeordnet. Der Name des Spenders wird auf dem entsprechenden Gedenkblatt genannt. Spendende für einen Stolperstein erhalten biografische Informationen zu den Stolpersteinen sowie eine Einladung zur Verlegung und dem entsprechenden Gedenken.
Wer spenden möchte, kann dafür die Bankverbindung der Landeshauptstadt Magdeburg verwenden:
Sparkasse Magdeburg
IBAN DE02 8105 3272 0014 0001 01
Verwendungszweck: 37994311/Stolpersteine
Wer darüber hinaus zusätzlich seine Adresse im Verwendungszweck vermerkt, erhält anschließend eine Spendenbescheinigung.
Geplante Termine für Stolpersteinverlegungen 2023
Im Rahmen des Gedenkens an die Opfer des Nationalsozialismus sollen noch in diesem Jahr weitere Stolpersteine verlegt werden. Geplante Termine sind der 31. August und der 10. Oktober. Fünf Stolpersteine waren bereits am 8. Mai verlegt worden.
Die Verlegung der Stolpersteine ist nur durch das Engagement der Bürgerschaft möglich. So engagieren sich Ehrenamtliche in der städtischen Arbeitsgruppe “Stolpersteine für Magdeburg”. Sie recherchieren biografische Informationen und organisieren die Stolpersteinverlegungen. Des Weiteren unterstützen zahlreiche Menschen die Aktion, indem sie an den Verlegungen teilnehmen, die Stolpersteine pflegen oder Geld für die Finanzierung spenden. Ein großer Dank gilt deshalb allen Unterstützenden sowohl aus Magdeburg als auch von außerhalb. Dank dieser Mitwirkung war es bis heute möglich, insgesamt 686 Stolpersteine zu verlegen.
Sinti und Roma in Magdeburg. Der Völkermord im Nationalsozialismus und die Anerkennung als “Opfer des Faschismus” nach 1945

03.07.2023 | Im Rahmen der Stadtgeschichtlichen Sommerabende, der Vortragsreihe des Stadtarchivs, erinnert die Historikerin Verena Meier, Doktorandin der Forschungsstelle Antiziganismus an der Universität Heidelberg, an Verfolgung und Diskriminierung von Sinti:zze und Rom:nja und ihren Kampf um Anerkennung als Opfer des Nationalsozialismus. Die Veranstaltung findet im Rahmen des Gedenkjahrs Magdeburg 2023 statt.
Mittwoch, 11.07.2023 | 19 Uhr | Altes Rathaus
Magdeburg erinnert an die Häftlinge des KZ-Außenlagers bei den Polte-Werken

09.06.2023 | Das Amt für Gleichstellungsfragen der Landeshauptstadt, der Politische Runde Tisch der Frauen und BeReshith e.V. laden im Rahmen des Gedenkjahrs Magdeburg 2023 zu einer Gedenkveranstaltung am Tor des ehemaligen Konzentrationslagers der Polte-Werke ein. Erinnert wird an die über 3.000 Frauen und 600 Männer, die vom 14. Juni 1944 bis zum 13. April 1945 in das Lager in der Liebknechtstraße deportiert worden waren.
Zum Hintergrund
Am 14. Juni 1944 erreichte ein Transport von etwa 1.000 weiblichen Häftlingen die Polte-Werke im heutigen Stadtfeld. Sie mussten hier in einem Außenkommando der Konzentrationslager Ravensbrück und Buchenwald Zwangsarbeit leisten. Bis zur Auflösung des KZ-Außenlagers waren hier insgesamt 3.090 Frauen inhaftiert. Sie kamen mit vier großen Transporten aus den Konzentrationslagern Ravensbrück, Stutthof und Bergen-Belsen nach Magdeburg. In ihrer Mehrzahl waren sie polnische und sowjetische Frauen, die man als Zwangsarbeiterinnen ins Deutsche Reich verschleppte. Hinzu kamen 600 Jüdinnen aus Ungarn, Polen, Litauen, Lettland, Rumänien und Österreich. Das KZ für Frauen wurde ab November 1944 durch ein KZ für Männer ergänzt. Hier waren bis Kriegsende etwa 1.000 Juden aus Ungarn, Polen und Litauen inhaftiert. Von den Inhaftierten überlebten nur etwa 600 Frauen und wenige Hundert Männer KZ-Haft und Evakuierungsmärsche.
Mittwoch, 14.06.2023 | 16 Uhr | Mahnmal an der Liebknechtstr. 65
Lesen gegen das Vergessen. Wir erinnern an die Bücherverbrennungen vor 90 Jahren
05.05.2023 | Zum ersten Mal lesen – wie in vielen Städten – auch in Magdeburg bekannte Persönlichkeiten der Stadt gegen das Vergessen. Dabei sind Hans-Günther Pölitz, Giselher Quast, Pascal Begrich, Ilka Hein, Lars Johansen sowie Autor:innen des Fördervereins der Schriftsteller. Sie tragen kurze Texte aus den am 10. Mai 1933 durch die Nazis verbrannten Werken verfolgter Schriftsteller:innen und Publizist:innen vor. Martin Rühmann und Frank Schöpke begleiten die Lesung musikalisch. Zur Veranstaltung lädt die Rosa-Luxemburg-Stiftung in Kooperation mit dem Literaturhaus Magdeburg, dem Förderverein der Schriftsteller e.V. und Miteinander e. V. ein.
Mittwoch, 10.05.2023 | 17 Uhr | Erhard-Hübener-Platz (vor dem Hundertwasser-Haus)
“Deutsche Arbeit” statt freie Gewerkschaften. Die Erstürmung der Gewerkschaftshäuser am 2. Mai 1933
25.04.2023 | Am 2. Mai jährt sich zum 90. Mal die Erstürmung der Gewerkschaftshäuser in ganz Deutschland durch die Nationalsozialisten, so auch in Magdeburg. Gewerkschaftliches Eigentum wurde beschlagnahmt, aktive Gewerkschafter:innen misshandelt und verhaftet. Die Gedenkveranstaltung des DGB erinnert an die gewaltsamen Ereignisse und die Zerschlagung der Gewerkschaften 1933.
Nach dem martialisch gefeierten “Tag der Arbeit” besetzten SA und SS-Mitglieder der Magdeburger „Standarte 21“ am 2. Mai 1933 gewaltsam die Büros der freien Gewerkschaften. Auch das erst 1932 fertiggestellte “Haus der Gewerkschaften“ am Ratswaageplatz wurde in Besitz genommen und wenig später von der DAF als „Haus der deutschen Arbeit“ wiedereröffnet.
Der DGB – Region Altmark-Börde-Harz gedenkt der gewaltsamen Zerschlagung der Gewerkschaften mit einem Vortrag des Magdeburger Historikers Guido Skirlo.
Programm
- Begrüßung: Katrin Skirlo, Regionsgeschäftsführerin DGB-Region Altmark-Börde-Harz
- Grußwort der Stadt Magdeburg: Regina-Dolores Stieler-Hinz, Beigeordnete und Bürgermeisterin der Stadt Magdeburg sowie Schirmherrin des Gedenkjahrs Magdeburg 2023
- Grußwort der IG Metall: Axel Weber, 1. Bevollmächtigter der IG Metall Verwaltungsstelle Magdeburg-Schönebeck
- Vortrag: Guido Skirlo, “Die Zerschlagung der Magdeburger Gewerkschaften”
- Präsentation: Dokumentation des Arbeitskreises Geschichte der IG Metall – Verwaltungsstelle Magdeburg-Schönebeck
Dienstag, 2. Mai 2023 | 17 Uhr | Gewerkschaftshaus (Otto-von-Guericke-Str. 6)
Endzeitverbrechen: Das Massaker im Stadion “Neue Welt”

13.04.2023 | Am 13. April 1945 ermordeten SS und Volkssturmeinheiten – darunter Angehörige der Hitlerjugend – bei einem Massaker auf dem Gelände des Stadions “Neue Welt” mindestens 42 Häftlinge des evakuierten KZ Polte-Magdeburg.
Bereits in den frühen Morgenstunden wurden die etwa 3.700 inhaftierten Frauen und Männer mit wütendem Hundegebell geweckt, gewaltsam aus den Baracken des Außenlagers von Buchenwald getrieben und in Richtung Osten durch Magdeburg geführt. Bei einer Rast auf dem Stadiongelände “Neue Welt” gerieten sie unter Artilleriebeschuss amerikanischer Truppen. Unter Panik versuchten die Häftlinge Deckung zu finden, woraufhin die Wachmannschaften auf die Fliehenden das Feuer eröffneten.
Nach dem Massaker wurden die Überlebenden erneut zusammengetrieben und in Marsch gesetzt. Von den etwa 3.000 weiblichen Häftlingen, die Tage später das KZ Ravensbrück erreichten, waren nur noch wenige Hundert am Leben. Die männlichen Häftlinge marschierten weiter Richtung Sachsenhausen. Die Zahl der Opfer ihres Todesmarschs ist nicht bekannt.
Seit Anfang der 1980er Jahre erinnert ein Gedenkstein an der Berliner Chaussee, nahe des ehemaligen Sportgeländes “Neue Welt” an den Todesmarsch und das Massaker. Gegenüber dem Hauptgebäude der Polte-Werke in der heutigen Liebknechtstraße existiert in Form eines ehemaligen Lagertors ein Gedenkort für die Häftlinge des dortigen Außenlagers.
Zu den Hintergründen hat Miteinander e.V. im Rahmen des “Gedenkjahrs Magdeburg 2023 einen Blog-Beitrag veröffentlicht.
Otto Landsberg. Anwalt der Volksstimme und sozialdemokratischer Politiker

27.03.2023 | Als einer von sechs Mitgliedern im „Rat der Volksbeauftragten“ während der Novemberrevolution 1918 ist Otto Landsberg in die Geschichtsbücher eingegangen. Über Jahrzehnte hinweg wirkte der spätere erste Justizminister der Weimarer Republik in Magdeburg, woran der Jurist Georg Prick in einem Vortrag zum “Gedenkjahr Magdeburg 2023” in der Stadtbibliothek erinnert.
Georg Prick ist Spitzenbeamter beim Landtag von Sachsen-Anhalt und erforscht seit vielen Jahren die Geschichte und das Personal der Anwaltschaft in der Region. In seinem Vortrag zeichnet er das Leben Otto Landsbergs und sein juristisches Wirken für die SPD mit vielen lokalen Bezügen nach.
Otto Landsberg stammte aus einer jüdischen Familie in Oberschlesien und vertrat als Anwalt zwischen 1895 und 1919 insbesondere Sozialdemokraten und Redakteure der damaligen Parteizeitung “Volksstimme”. Auch politisch machte er Karriere, zunächst als Stadtverordneter (heute Stadtrat) und dann 1912 als Reichstagsabgeordneter für Magdeburg. Nicht zuletzt aufgrund seines engen Vertrauensverhältnisses zu Friedrich Ebert gelangte er im Moment des Zusammenbruchs des Hohenzollernreichs in den “Rat der Volksbeauftragten” und stieg zum Minister auf. Als sich der Reichspräsident Friedrich Ebert dann 1924 in einem reichsweit aufsehenerregenden Beleidigungsprozess vor dem Magdeburger Landgericht gegen Vorwürfe in Verbindung mit der “Dolchstoßlegende” zur Wehr setzte, vertrat ihn Landsberg gemeinsam mit einem Kollegen. Zwar war der prominente Jurist längst in Berlin ansässig, doch kehrte er immer wieder zur Unterstützung der Magdeburger Sozialdemokraten an seine frühere Wirkungsstätte zurück. 1933 aber muss Landsberg emigrieren, um dem Terror der Nationalsozialisten zu entgegen.
Mittwoch, 29. März 2023 | 17 Uhr | Stadtbibliothek
Belastetes Erbe. Provenienzforschung zu NS-Raubgut in öffentlichen Bibliotheken Sachsen-Anhalts

15.03.2023 | Zum Bibliothekssonntag am 19. März 2023 wird die Ausstellung “Belastetes Erbe. Provenienzforschung zu NS-Raubgut in Bibliotheken Sachen-Anhalts” in der Stadtbibliothek Magdeburg feierlich eröffnet. Sie gestattet auf allen Etagen Einblicke in die Arbeit und die Ergebnisse von Provenienzforschung in Sachsen-Anhalt. Die Ausstellung ist bis Ende November 2023 zu sehen.
Neben Kunstwerken gehören auch Bücher zu den Kulturgütern, die während der nationalsozialistischen Herrschaft jüdischen Bürger:innen in Deutschland geraubt wurden. Profiteur:innen waren Privatpersonen ebenso wie Institutionen. Und noch heute finden sich solche Kulturgüter in den Magazinen deutscher Bibliotheken. Mit der Ausstellung macht die Stadtbibliothek Magdeburg diesen besonderen Aspekt der Entrechtung und Verfolgung jüdischer Bürger:innen sichtbar.
Vorausgegangen ist ein mehrjähriges wissenschaftliches Forschungsprojekt des Landesverbands Sachsen-Anhalt im Deutschen Bibliotheksverband e.V., das durch das Deutsche Zentrum Kulturgutverluste und das Land Sachsen-Anhalt unterstützt wurde. Die detailreiche Präsentation mit historischen Büchern, Fotos und Dokumenten erarbeiteten die am Projekt beteiligten Forscherinnen Elena Schott und Lara Mämecke gemeinsam mit Dr. Monika J. Gibas als wissenschaftlicher Leiterin.
Ein Schwerpunkt der Schau sind darüber hinaus die Schicksale der verfolgten und ermordeten jüdischen Magdeburger, deren Spuren sich in den Büchern des heutigen Historischen Bestands finden.
Die Ausstellung ist zugleich ein Beitrag zum Gedenkjahr Magdeburg 2023.
Sonntag, 19. März 2023 | 10 Uhr | Stadtbibliothek
Eine rote Stadt wird braun. Die umstürzenden Ereignisse von 1933

06.03.2023 | Im Vorfeld der von den Nazis angesetzten Reichstagswahlen am 5. März und den Kommunalwahlen am 12. März 1933 kam es zu zahlreichen machtpolitischen Inszenierungen der Nationalsozialisten und einer Welle gewaltsamer Angriffe auf Repräsentanten der Stadtgesellschaft. Prominenteste Opfer waren der damalige Oberbürgermeister Ernst Reuter und sein Stellvertreter Herbert Goldschmidt. Die kommentierte Lesung aus der Berichterstattung des Magdeburger General-Anzeigers in Kooperation von Stadtbibliothek und Miteinander e.V. erinnert an die institutionellen und gewalttätigen Maßnahmen zur „Machtergreifung“ in Magdeburg.
Die Veranstaltung ist eine Kooperation von Miteinander e.V. mit der Stadtbibliothek Magdeburg. Die Projektumsetzung wird ermöglicht durch die Institutionelle Förderung von Miteinander e.V. mit Mitteln des Ministeriums für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Gleichstellung des Landes Sachsen-Anhalt.
Dienstag, 14.03.2023 | 17 Uhr | Stadtbibliothek
Kampf um die Erinnerung. Das Gedenken an Verfolgung und Ermordung der Sinti:zze und Rom:nja

02.03.2023 | Der Vortrag von Leonard Stöcklein skizziert die Aufarbeitung des Porajmos, dem Holocaust an den Sinti:zze und Rom:nja, seit Mitte der 1980er Jahre und diskutiert anhand konkreter Beispiele auf lokaler, regionaler und nationaler Ebene verschiedene erinnerungskulturelle Fragen.
Leonard Stöcklein ist wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl für Didaktik der Geschichte an der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg. Er arbeitet an einem Dissertationsprojekt mit dem Arbeitstitel „Gedenkorte der Sinti und Roma. Genese einer dezentralen Erinnerungslandschaft.“ Die Arbeit erstellt ein breites Panorama der 150 seit 1945 in West- und Ostdeutschland errichteten Gedenkorte und untersucht gesamtgesellschaftliche Prozesse der Verankerung des Gedenkens an den Völkermord seit 1980.
Die Veranstaltung ist eine Kooperation von Miteinander e.V. mit der Stadtbibliothek Magdeburg. Die Projektumsetzung wird ermöglicht durch die Institutionelle Förderung von Miteinander e.V. mit Mitteln des Ministeriums für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Gleichstellung des Landes Sachsen-Anhalt.
Mittwoch, 08.03.2023 | 17.00 Uhr | Stadtbibliothek
Gedenken an die deportierten Sinti:zze und Rom:nja aus Magdeburg

28.02.2023 | Vor 80 Jahren, am 1. März 1943, löste die Stadt Magdeburg das sogenannte Zig.lager am Holzweg/Silberberg auf. Die Bewohner:innen wurden nach Auschwitz deportiert, wo 340 Sinti:zze und Rom:nja ermordet wurden. Miteinander e.V., das Bündnis gegen Rechts und die Stadtbibliothek Magdeburg laden zum Gedenken ein.
Die Ansprachen halten Dr. Cornelia Poenicke, Direktorin der Stadtbibliothek, in Vertretung von Regina-Dolores Stieler-Hinz, Bürgermeisterin und Beigeordnete für Kultur, Schule und Sport sowie Gjulner Sejdi, Vorsitzender von Romano Sumnal – Verband der Roma und Sinti in Sachsen.
Zum Hintergrund
Am 4. März 1935 hatte die Stadtverwaltung Magdeburg die Errichtung eines „Zig.lagers“ beschlossen. Ab Mai 1935 mussten hier alle Sinti:zze und Rom:nja der Stadt unter widrigen Lebensbedingungen wohnen. Am 1. März 1943 wurde das Lager in einer gemeinsamen Aktion von Gestapo und Polizei aufgelöst. Sämtliche Bewohner:innen wurden verhaftet und mit 10 bis 15 Lastwagen zum Magdeburger Polizeipräsidium gebracht. Weitere Sinti:zze und Rom:nja, die nicht im Lager gelebt hatten, wurden von der Polizei gewaltsam aus ihren Wohnungen gezerrt und ebenfalls im Polizeipräsidium inhaftiert. Tags darauf wurden die Inhaftierten zusammen mit Sinti:zze und Rom:nja aus der Region vom Güterbahnhof mit dem Zug nach Auschwitz deportiert. Von 470 Deportierten überlebten 340 die Liquidierung des dortigen „Zigeunerlagers“ nicht. Insgesamt fielen dem Porajmos – dem Völkermord an den Sinti:zze und Rom:nja im Nationalsozialismus – mindestens 200.000 Menschen zum Opfer.
Mittwoch, 01.03.2023 | 16.00 Uhr | Gedenkstele am Florapark ((Olvenstedter Graseweg, Fußgängerzugang zum Florapark
Mahnmal für die ermordeten Sinti und Roma (Am Dom)

Gegenüber der Südseite des Doms wurde am 29.10.1998 ein Mahnmal für die ermordeten Sinti und Roma aus Magdeburg eingeweiht. Der von Wolfgang Roßdeutscher geschaffene Gedenkort erinnert an die im Nationalsozialismus verfolgten, deportierten und ermordeten Sinti und Roma aus der Region Magdeburg.
Bereits Ende der 1980er Jahre gab es erste Überlegungen zur Schaffung eines Mahnmals. Die Debatten zogen sich jedoch über zehn Jahre hin bis schließlich 1998 Wolfgang Roßdeutscher mit der Realisierung beauftragt wurde. Damit ist nach Berlin Magdeburg die erste Stadt in Ostdeutschland, die mit einem Mahnmal an das Schicksal der Sinti und Roma erinnert.
Das Mahnmal am Dom wurde 2009 durch eine Gedenkstele am Ort des ehemaligen „Zigeunerlagers“ am Holzweg (heute Olvenstedter Graseweg, Fußgängerzugang zum Florapark) mit den Namen aller 340 ermordeten ergänzt. Jährlich findet dort am 1. März eine Gedenkveranstaltung des Bündnis gegen Rechts Magdeburg in Erinnerung an die Deportation statt.
Der Taten erinnern, der Opfer gedenken
Auftakt zum “Gedenkjahr Magdeburg 2023”: Erinnerung an die “Machtergreifung” vor 90 Jahren
25.01.2023 | In das Jahr 2023 fallen die Jahrestage ereignisreicher Einschnitte, die mit dem Beginn und der weiteren Entwicklung der nationalsozialistischen Diktatur verbunden sind. Das „Gedenkjahr Magdeburg 2023“ trägt diesen Jahrestagen mit öffentlichen Veranstaltungen Rechnung und erinnert zum Auftakt am Montag, 30. Januar, um 16 Uhr vor dem Magdeburger Hauptbahnhof mit einer szenischen Lesung an den 90. Jahrestag der sogenannten Machtergreifung.
Ort der Erinnerung ist das in den Boden eingelassene Mahnmal, das auf dem Willy-Brandt-Platz an die Deportationen jüdischer Magdeburger erinnert. Um die zeitgenössische Wahrnehmung des nationalsozialistischen Umsturzes zu vergegenwärtigen, tragen der Künstler Herbert Beesten und der Magdeburger Museumsfachmann Tobias v. Elsner Zeugnisse Prominenter aus dem Jahr 1933 vor, darunter Schriftsteller und Publizisten wie Joseph Roth, Kurt Tucholsky und Sebastian Haffner, der Dramatiker Bertolt Brecht, aber auch der Hitler gleichsam religiös ergebene Joseph Goebbels. Die ausgewählten Texte lassen die Bandbreite der Reaktionen auf die „Machtergreifung“ erahnen, die von Euphorie bis zu Abscheu reichten und andere eher resignieren und wegsehen ließen. Musikalisch wird die szenische Lesung von dem ukrainischen Künstler Enver Ibragimov am Saxophon ausgestaltet.
Das “Gedenkjahr Magdeburg 2023” ist eine Kampagne von Miteinander e.V., dem Bündnis gegen Rechts Magdeburg und der Stadtbibliothek Magdeburg. Mit einer breit gefächerten Erinnerung an die Opfer des Nationalsozialismus sollen Magdeburger Gedenkorte und ihre Geschichten neu und wieder entdeckt werden. Das Erinnerungsjahr will so einen “Beitrag zur Stärkung der Gedenkkultur als Teil einer demokratischen Stadtkultur” leisten, unterstreicht der Initiator Pascal Begrich als Geschäftsführer des Vereins Miteinander.
Montag, 30.01.2023 | 16.00 Uhr | Willy-Brandt-Platz
Tag des Gedenkens an die Opfer des Nationalsozialismus
25.01.2023 | Am 27. Januar 1945 befreite die Rote Armee Auschwitz. 2005 erklärte die UN den 27. Januar zum Internationalen Tag des Gedenkens an die Opfer des Holocausts. Bereits seit 1996 ist er ein bundesweiter Gedenktag. Aus diesem Anlass lädt die Stadt Magdeburg zu einer Kranzniederlegung am Mahnmal zum Gedenken an die Opfer des KZ-Außenlagers „Magda“ in Magdeburg-Rothensee ein.
Freitag, 27.01.2023 | 9.15 Uhr | Rothenseer Havelstraße/Ecke Heinrichsberger Straße
Erinnern und (Mit-)Teilen: Geschichte(n) und Gedenkorte in der südlichen Altstadt
24.01.2023 | Im Rahmen der Aktionswoche “Eine Stadt für alle” begibt sich der Spaziergang vom Domplatz über Hegel- und Harnackstraße zum Steubenpark auf historische Spurensuche. Thematisiert werden insbesondere Erinnerungs- und Gedenkorte im Zusammenhang mit dem Nationalsozialismus. Den internationalen Akteur*innen des einewelt hauses und den jüngeren Generationen, aber auch alle anderen Interessierten, sollen damit neue Einblicke in die Geschichte Magdeburgs geboten werden. Inhaltlich begleitet wird der Spaziergang durch Pascal Begrich, Historiker und Geschäftsführer von Miteinander e.V. sowie Mitglied im Vorstand der Auslandsgesellschaft Sachsen-Anhalt.
Veranstalter: Auslandsgesellschaft Sachsen-Anhalt e.V., Miteinander e.V., Bündnis gegen Rechts Magdeburg
Mittwoch, 25.01.2023 | 14 Uhr | Domplatz
Erinnerungs- und Tatorte des Nationalsozialismus. Eine Stadtführung aus der Straßenbahn
14.01.2023 | Im Rahmen der Aktionswoche “Eine Stadt für alle” lädt die Katholische Erwachsenenbildung Sachsen-Anhalt e.V. in Kooperation mit der MVB zu einer Bildungsreise der besonderen Art ein: Mit der “Vielfalt-Straßenbahn” gibt es eine etwa anderthalbstündige Fahrt durch Magdeburg geben, vorbei an Erinnerungs- und Tatorten aus der Lokalgeschichte des Nationalsozialismus. Dabei geht es auch um aktuelle erinnerungspolitische Fragen und die Auseinandersetzung mit dem Rechtsextremismus. Die Fahrt begleitet Pascal Begrich, Historiker und Geschäftsführer von Miteinander e.V..
Die Veranstaltung wird umgesetzt im Rahmen des Projektes „Kirche für Demokratie. Verantwortung übernehmen – Teilhabe stärken“. Die Teilnahme an der Veranstaltung ist daher entgeltfrei. Eine verbindliche Anmeldung unter bis zum 16.01.23 ist notwendig.
Gefördert durch das Bundesministerium des Innern und für Heimat im Rahmen des Bundesprogramms „Zusammenhalt durch Teilhabe“ und durch das Land Sachsen-Anhalt.
Samstag, 21.01.2023 | 10.15 Uhr | Abfahrt: Hartstraße
Magdeburg im Nationalsozialismus. Ein Stadtrundgang zu Wegmarken im Stadtbild
13.01.2023 | Der Stadtrundgang der Evangelischen Sekundarschule Magdeburg in Kooperation mit Miteinander e.V. thematisiert die Machtübernahme der Nationalsozialisten und die Folgen ihrer Terrorherrschaft. Die präsentierten Orte lenken den Blick auf die Opfer, aber auch auf Täter:innen und Zuschauer:innen. Zugleich wird der Wandel in der lokalen Erinnerungskultur beleuchtet. Der Stadtrundgang richtet sich an Jugendliche und die interessierte Öffentlichkeit. Die Führung mit Pascal Begrich, Historiker und Geschäftsführer von Miteinander e.V., wird von Schüler:innen der 9. Klasse der Evangelischen Sekundarschule begleitet.
Freitag 20.01.2023 | 14 Uhr | Willy-Brandt-Platz
Gedenkjahr Magdeburg 2023
12.01.2023 | Das Projekt Gedenkjahr geht in die nächste Runde: Unter der Schirmherrschaft von von Bürgermeisterin Regina-Dolores Stieler-Hinz erinnern Miteinander e.V., Bündnis gegen Rechts Magdeburg und Stadtbibliothek Magdeburg an den 90. Jahrestag der nationalsozialistischen “Machtergreifung” und die Zerstörung der städtischen Demokratie. Zu den Hintergründen haben wir unsere Gedenkhomepage aktualisiert und werden diese fortlaufend ergänzen. Außerdem informiert ein Flyer quartalsweise über anstehende Veranstaltungen im Themenfeld.
So sind wir zum Beispiel anlässlich der Aktionswoche “Eine Stadt für alle” im Sinne des Gedenkjahrs im öffentlichen Raum unterwegs: Am 20. Januar ab 14 Uhr thematisiert ein Stadtrundgang der Evangelischen Sekundarschule Magdeburg in Kooperation mit Miteinander e.V. die Machtübernahme der Nationalsozialisten und die Folgen ihrer Terrorherrschaft. Am 21. Januar um 10.15 Uhr lädt die Katholische Erwachsenenbildung im Land Sachsen-Anhalt e.V. in Kooperation mit den Magdeburger Verkehrsbetrieben und Miteinander e.V. zu einer Sonderfahrt der Straßenbahn auf den Spuren von Erinnerungs- und Tatorten im Bezug zur Lokalgeschichte der NS-Zeit. Am 25. Januar ab 14 Uhr begeben sich die Auslandsgesellschaft Sachsen-Anhalt e.V. und Miteinander e.V. auf einen Spaziergang vom Domplatz über Hegel- und Harnackstraße zum Steubenpark auf historische Spurensuche. Thematisiert werden auch hier Erinnerungs- und Gedenkorte im Zusammenhang mit dem Nationalsozialismus.
Kaufhaus Barasch: Kristallisationspunkt der “Arisierung” (Breiter Weg)

Für die Magdeburger war das Kaufhaus Barasch ein Inbegriff der Moderne, denn sein umfangreiches Warenangebot zog Kundschaft aus dem gesamten Umland an. Mit Einheitspreisaktionen sorgte das Geschäft für Furore und starken Umsatz. Das 1902 von Hermann Broder gegründete Unternehmen entwickelte sich schnell zu einem der erfolgreichsten Warenhäuser der Stadt. Mitte der 1920er Jahre frequentierten jährlich 2,5 Millionen Kundinnen und Kunden das Geschäft. 1928/29 wurde das Unternehmen auf zwei Gebäude erweitert und modernisiert. Unter anderem erhielt auf Initiative des damaligen Baustadtrats Bruno Taut eine bunte Fassade.
Nach der nationalsozialistischen “Machtergreifung” geriet das Kaufhaus schnell ins Visier des neuen Staates. So führten die inszenierten Boykottaktionen am 1. April 1933 zu einem Aufruhr vor dem Geschäft, woraufhin die Polizei es mehrere Tage schließen ließ. Der antisemitische Schauprozess gegen den Schulleiter Albert Hirschland führte am 24. August 1935 erneut zu Krawallen. Kundinnen und Kunden wurden bedroht und die Eingänge zum Kaufhaus blockiert. Zum Jahreswechsel 1935/36 kam es schließlich zum direkten Angriff auf das Unternehmen. Nach der Denunziation jüdischer Angestellte auf Grundlage der “Nürnberger Gesetze” schloss die Staatspolizei am 12. Dezember 1935 für zwei Tage das Geschäft und zwang Broder, sämtliche jüdischen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu entlassen. So unter Druck gesetzt, prüft Broder den Verkauf des Unternehmens. Im Juli 1936 schließlich erwirbt Kaufmann Lemke aus Köslin das Unternehmen und führt es unter seinem Namen weiter. 1939 wird der Name Barasch endgültig aus dem Handelsregister Magdeburg gelöscht.
Jakobstraße: Verlorenes Zentrum jüdischen Lebens

Die Jakobstraße ist eine der ältesten Straßen der Magdeburger Altstadt und war zu Beginn des 20. Jahrhundert Teil eines belebten Wohn- und Geschäftsstraßenviertels. Hier ließen sich insbesondere zahlreiche jüdische Händler und Handwerker nieder, die auf der Flucht vor den antisemitischen Pogromen in Osteuropa nach Deutschland emigrierten. Unter ihnen dominierte eine orthodoxe Ausprägung des Judentums. Sie waren geprägt vom Leben der strenggläubigen Stetl.
Im Zuge der nationalsozialistischen Boykott-, Ausgrenzungs- und Diskriminierungsmaßnahmen wurden ab 1933 allmählich die sozialen und wirtschaftlichen Gefüge des Viertels zerstört. Viele jüdische Geschäftstreibende zogen weg, emigrierten erneut oder wurden gezwungen, ihr Geschäft aufzugeben (“Arisierung”).

Hauptbahnhof: Startpunkt für Exil und Deportationen
Der 1873 eröffnete zentrale Bahnhof Magdeburgs steht in vielfacher Beziehung zur Verfolgungsgeschichte des Nationalsozialismus. Von hier aus verließen Verfolgte des NS-Regimes die Stadt auf der Suche nach Sicherheit an anderen Orten des Deutschen Reiches oder im europäischen Exil. Von hier aus wurden als Teil der „Kindertransporte“ nach den Novemberpogromen 1938 junge Menschen jüdischer Herkunft nach Großbritannien in Sicherheit gebracht. Von hier aus fanden die Deportationen jüdischer Bürger in die Ghettos und Vernichtungslager im besetzten Osteuropa statt.
Die gewaltsame Vertreibung von Jüdinnen und Juden aus Magdeburg begann 1938 mit der Expatriierung und Ausweitung, derer, die zu Beginn des 20. Jahrhunderts von den Pogromen in Polen und Russland nach Deutschland geflüchtet waren. Etwas 135 Menschen aus der Region – davon 74 aus Magdeburg – waren davon betroffen.
Ab 1942 begann dann die systematische Deportation in die osteuropäischen Ghettos und Vernichtungslager. Vom 14. April 1942 bis zum 16. Januar 1944 verließen sieben Deportationszüge mit mindestens 347 Magdeburger Jüdinnen und Juden den Hauptbahnhof in das KZ Theresienstadt, das Warschauer Ghetto und das Vernichtungslager Auschwitz. Am 2. März 1943 wurden nach Auflösung des „Zigeunerlagers“ Magdeburg zudem 470 Sinti*zze und Rom*nja nach Auschwitz deportiert.
Braunes Haus: Frühes Zentrum der Repression (Regierungsstraße 1)

Direkt an das Kloster Unser Lieben Frauen grenzend, befand sich bis 1933 der Sitz der Vorstände von SPD, Sozialistischer Arbeiter-Jugend und der Arbeiterwohlfahrt im Regierungsbezirk Magdeburg sowie der Bundeszentrale des Reichsbanners Schwarz-Rot-Gold (1924 in Magdeburg gegründet). Im Zuge der nationalsozialistischen “Machtergreifung” drang die SA am 8. März 1933 gewaltsam in das Gebäude ein und besetzten es drei Tage später. Als “Horst-Wessel-Haus” diente ihr es als “wildes” Konzentrationslager für politische Gegner. Im April 1934 wurde das Haus von der Gestapo in Besitz genommen. In der Bevölkerung erhielt das Gebäude schon bald den Namen “Braunes Haus”. Es diente der Gestapo dem Verhör und der Folter politischer und weltanschaulicher Gegner.
Das Gebäude wurde im Zweiten Weltkrieg zerstört und existiert heute nicht mehr. An seiner Stelle erinnert heute eine Gedenktafel an die Verfolgung politischer Gegner.
Barlach-Ehrenmal (Dom)

Im Auftrag des preußischen Kultusministeriums schuf Ernst Barlach ab 1927 ein Ehrenmal für die Gefallenen des Ersten Weltkriegs. Die Holzplastik wurde am 24. November 1929 im Dom eingeweiht. Die Skulptur befindet innerhalb einer Konche in der Ostwand des nördlichen Querhauses. Sie zeigt zweimal drei Personen, die in der oberen Reihe für Erfahrung, Wissen und Naivität im Krieg sowie in der unteren Reihe für Not, Tod und Verzweiflung stehen.
Wegen seiner bildhaften Anklage betrieben Gemeindekirchenrat und Domprediger Ernst Martin sowie der der Direktor des Kaiser-Friedrich-Museums Walter Greischel seine Entfernung. Schließlich ließ das Kultusministerium 24. September 1934 die Skulptur in die Nationalgalerie Berlin verbringen. Nach Ernst Barlachs Tod 1938 sorgten Freunde für die Übergabe an die Pfarrkirche in Güstrow und bewahrten es vor der Vernichtung. 1949 von der Galerie Moritzburg in Halle (Saale) übernommen, fand das Ehrenmal am 19. September 1955 wieder seinen angestammten Platz.
Altes Rathaus: Gewaltsame Machtübernahme

Am Alten Markt befand sich ab dem 13. Jahrhundert das Zentrum der städtischen Selbstverwaltung. Das hier erbaute Rathaus wahr zugleich Zeugnis des Strebens nach politischer Autonomie. Nach der Zerstörung im Dreißigjährigen Krieg 1713 wiedererrichtet, dient das Alte Rathaus seither als Sitz der (Ober-)Bürgermeister und des Stadtrates. Sowohl Stadtrat als auch Stadtverwaltung waren seit 1918 sozialdemokratisch dominiert und damit den Nationalsozialisten besonders verhasst. Sie malten ein Schreckensbild des “Roten Rathauses” und richteten im Zuge der “Machtergreifung” ab Februar 1933 ihre Aktionen gegen diesen symbolträchtigen Ort und dessen politischen Vertreter. Noch vor den von den Nazis angesetzten Kommunalwahlen und der politische forcierten Gleichschaltung wurde hier die Zerstörung der kommunalen Autonomie gewaltsam vorweggenommen.
Diese Entwicklungen fanden ihren Niederschlag in drei Rathausbesetzungen vor und nach den letzten halbwegs freien Kommunalwahlen am 12. März 1933. So drangen am 8. März 1933 SA und Stahlhelm gewaltsam in das Rathaus ein, entfernen die schwarz-rot-goldenen Fahne der Weimarer Republik und hissen stattdessen die schwarz-weiß-rote Fahne des Kaiserreichs, die Fahne Preußens sowie die Hakenkreuz-Flagge der NSDAP. Drei Tage später stürmte die SA erneut das Rathaus und zerren Oberbürgermeister Ernst Reuter sowie seinen Stellvertreter Herbert Goldschmidt gewaltsam aus dem Gebäude. Anderthalb Wochen nach den Kommunalwahlen kam es am 21. März zu einer dritten Besetzung des Alten Rathauses durch Mitglieder von SA, SS und Stahlhelm. Sie erklärten Ernst Reuter für abgesetzt und proklamierten SA-Standartenführer Max Schulze zum “kommissarischen Oberbürgermeister”. Tags darauf folgte die preußische Regierung dem gewaltsamen Druck der Straße und ernannte Fritz Markmann, Mitglied der NSDAP, zum neuen Oberbürgermeister. Seine formale Wahl erfolgte dann am 6. Juli 1933.
Seit einigen Jahren erinnert eine Gedenktafel an der Südseite des Alten Rathauses an die Verfolgung von Mitgliedern der Stadtverordnetenversammlung im Nationalsozialismus. An Ostseite erinnert ein Stolperstein an Bürgermeister Herbert Goldschmidt und seine Ermordung 1943 in Riga.

Gedenken an die deportierten Jüdinnen und Juden
08.04.2022 | Vor 80 Jahren, am 14. April 1942, ging von Magdeburg aus der erste Deportationszug mit etwa 1.000 Jüdinnen und Juden aus der Region Magdeburg-Anhalt in das Warschauer Ghetto. Bis Januar 1944 sollten sechs weitere Züge nach Theresienstadt und Auschwitz folgen.
Das Bündnis gegen Rechts, der Förderverein Neue Synagoge und das Forum Gestaltung laden zum Gedenken ein – am Vorabend des 80. Jahrestags der ersten Deportation am Mittwoch, den 13. April 2022, um 17 Uhr auf dem Willy-Brandt-Platz vor dem Hauptbahnhof. Die musikalische Umrahmung übernimmt Martin Müller. Zum Infektionsschutz bitten wir die Teilnehmenden um die Nutzung einer geeigneten Mund-Nasen-Bedeckung und die Wahrung des Mindestabstandes.
Im Anschluss an das Gedenken (ca. 18.30 Uhr) wird im Forum Gestaltung (Brandenburger Straße 9-10) der Dokumentarfilm „Nacht und Nebel“ (Frankreich 1955, Regie: Alain Resnais. Mit Texten von Jean Cayrol/Paul Celan. Musik von Hanns Eisler).
Zum Hintergrund
Die gewaltsame Vertreibung von Jüdinnen und Juden aus Magdeburg begann 1938 mit der Expatriierung und Ausweisung jener, die zu Beginn des 20. Jahrhunderts vor den Pogromen in Osteuropa nach Deutschland geflüchtet waren. Mehr als 100 Menschen waren davon betroffen. Ab 1942 begann die systematische Deportation in die osteuropäischen Ghettos und Vernichtungslager. Etwa 1.000 Männer, Frauen und Kinder aus den Bereichen der Gestapo-Leitstellen Magdeburg, Potsdam und Berlin – davon 153 aus Magdeburg –, wurden am 14. April 1942 mit einem ersten Zug beginnend vom Magdeburger Hauptbahnhof in das Warschauer Ghetto deportiert. Sie trafen dort am 16. April 1942 ein. Insgesamt wurden bis zum Ende des zweiten Weltkriegs mehrere hundert Kinder, Frauen und Männer aus Magdeburg deportiert.
Gedenken an die ermordeten Sint*izze und Rom*nja
01.03.2022 | Am 1. März 2022 jährt sich zum 79. Mal die Deportation der Sint*izze und Rom*nja aus dem „Zigeunerlager“ am Holzweg/Silberberg in Magdeburg nach Auschwitz. Dort wurden 340 von ihnen ermordet. Ihrer möchten das BgR Magdeburg und Miteinander e.V. zusammen mit der Stadtbibliothek gedenken:
- 16.00 Uhr | Gedenkkundgebung | Namensstele am Florapark
- 17.00 Uhr | Filmvorführung: „Was mit Unku geschah“ | Stadtteilbibliothek Florapark
- 19.30 Uhr | Kommentierte Lesung: Die Stadt Magdeburg und die Verfolgung der Sint*izze und Rom*nja im Nationalsozialismus | Zentralbibliothek
16.00 Uhr | Gedenkkundgebung | Namensstele am Florapark
Das Bündnis gegen Rechts und Miteinander e.V. laden um 16 Uhr an der Namensstele im Florapark (Olvenstedter Graseweg, Fußgängerzugang zum Florapark) zum Gedenken ein. Die Kundgebung findet unter Beachtung des derzeit notwendigen Infektionsschutzes statt. Die Teilnehmenden werden gebeten, sich vorab zu testen, auf ausreichend Abstand zu achten und einen Mundschutz zu tragen.
17.00 Uhr | Filmvorführung: „Was mit Unku geschah“ | Stadtteilbibliothek Florapark
Im Rahmen des Projektes „Lokale Geschichte sichtbar machen“ stieß ein Projekt des Alternativen Jugendzentrums Dessau-Roßlau darauf, dass „Unku“ ein reales Mädchen aus Magdeburg war, das die jüdische Schriftstellerin Grete Weiskopf zu ihrem Roman „Ede und Unku“ inspirierte. Unku hieß eigentlich Erna Lauenburger und war eine Sintessa — weshalb ihr Leben wie das ihrer Familienmitglieder beispielhaft das Schicksal der Sinti und Roma zur NS-Zeit zeigt. Die Jugendlichen haben ihre akribischen Archivrecherchen und Zeitzeugenbefragungen zu dem 35-minütigen Film „Was mit Unku geschah“ zusammengetragen. Die Veranstaltung der Stadtbibliothek Magdeburg findet in Kooperation mit Miteinander e.V. statt.
19.30 Uhr | Kommentierte Lesung: Die Stadt Magdeburg und die Verfolgung der Sint*izze und Rom*nja im Nationalsozialismus | Zentralbibliothek
Anhand von Akten der Ratsherren und der Polizei wird die Beteiligung der Stadt an der Ausgrenzung, Verfolgung und Deportation der Sinti und Roma aus Magdeburg nachgezeichnet. Es liest und kommentiert Pascal Begrich. Die Veranstaltung der Stadtbibliothek Magdeburg findet in Kooperation mit Miteinander e.V. statt.
Für die Bibliotheksveranstaltung ist eine Anmeldung ist derzeit eine Anmeldung über oder unter 0391.540 48 84 erforderlich. Zugangsvoraussetzung ist 3G und das Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung.
Zum Hintergrund
Am 4. März 1935 hatte die Stadtverwaltung Magdeburg die Errichtung eines „Zigeunerlagers“ beschlossen. Ab Mai 1935 mussten hier alle Sint*izze und Rom*nja der Stadt unter widrigen Lebensbedingungen wohnen. Am 1. März 1943 wurde das Lager in einer gemeinsamen Aktion von Gestapo und Polizei aufgelöst. Sämtliche Bewohner*innen wurden verhaftet und mit 10 bis 15 Lastwagen zum Magdeburger Polizeipräsidium gebracht. Weitere Sint*izze und Rom*nja, die nicht im Lager gelebt hatten, wurden von der Polizei gewaltsam aus ihren Wohnungen gezerrt und ebenfalls im Polizeipräsidium inhaftiert. Tags darauf wurden die Inhaftierten zusammen mit Sint*izze und Rom*nja aus der Region vom Güterbahnhof mit dem Zug nach Auschwitz deportiert. Von 470 Deportierten überlebten 340 die Liquidierung des dortigen „Zigeunerlagers“ nicht. Insgesamt fielen dem Porajmos – dem Völkermord an den Sint*izze und Rom*nja im Nationalsozialismus – mindestens 200.000 Menschen zum Opfer.
Gedenken an die Opfer des KZ-Außenlagers der Polte-Werke
14.06.2021 | Das Amt für Gleichstellungsfragen der Landeshauptstadt Magdeburg lädt am 14. Juni 2021 um 14:00 Uhr zu einer Gedenkveranstaltung am Tor des ehemaligen Konzentrationslagers der Polte-Werke in die Liebknechtstraße 65 ein. Erinnert wird an die über 3.000 Frauen und 600 Männer, die vom 14. Juni 1944 bis zum April 1945 in das Lager in der Liebknechtstraße deportiert worden waren.
Neben Gedenkreden von der Gleichstellungsbeauftragten Heike Ponitka, der Beigeordneten für Kultur, Schule und Sport, Regina-Dolores Stieler-Hinz, und Grit Merker vom LSVD Sachsen-Anhalt e.V., wird es musikalische Beiträge von Dobrin Stanislawow an der Violine geben. Am Ende der Veranstaltung wird es eine Gedenkminute geben. Die Gäste des Gedenkens werden gebeten, auf die geltenden Abstands- und Hygieneregeln zu achten.
Zum Hintergrund
Am 14. Juni 1944 erreichte ein Transport von etwa 1.000 weiblichen Häftlingen die Polte-Werke im heutigen Stadtfeld. Sie mussten hier in einem Außenkommando der Konzentrationslager Ravensbrück und Buchenwald Zwangsarbeit leisten. Bis zur Auflösung des KZ-Außenlagers waren hier insgesamt 3.090 Frauen inhaftiert. Sie kamen mit vier großen Transporten aus den Konzentrationslagern Ravensbrück, Stutthof und Bergen-Belsen nach Magdeburg. In ihrer Mehrzahl waren sie polnische und sowjetische Frauen, die als Zwangsarbeiterinnen ins Deutsche Reich verschleppt worden waren. Hinzu kamen 600 Jüdinnen aus Ungarn, Polen, Litauen, Lettland, Rumänien und Österreich. Das KZ für Frauen wurde ab November 1944 durch ein KZ für Männer ergänzt. Hier waren bis Kriegsende etwa 1.000 Juden aus Ungarn, Polen und Litauen inhaftiert. Einzelne Häftlinge kamen auch aus Deutschland, Jugoslawien, Italien und der Tschechoslowakei. Von den Inhaftierten überlebten nur etwa 600 Frauen und wenige Hundert Männer das Kriegsende.
Unerwünscht – Vertrieben – Emigriert
15.01.2016 | Wie in den vergangenen Jahren führen wir in Zusammenarbeit mit der AG “Rathaus ohne Nazis” mit Stadtverordneten aller Fraktionen eine Aktion zur Erinnerung an die 1933 vertriebenen Kommunalpolitiker_innen und kommunale Verwaltungskräfte durch. Die Veranstaltung ist als “Meilenstein der Demokratie” Teil der Proteste gegen den Naziaufmarsch. Treffpunkt ist um 14.30 Uhr die Gedenkstele am Seiteneingang des Rathauses. Nach einer kurzen Einführung geht es in der Rathausdiele weiter, die auf Beschluss den Namen “Ernst-Reuter-Diele” tragen soll. Die Aktion endet gegen 16 Uhr.
In diesem Jahr erinnern wir vor allem an Menschen, die nach ihrer Vertreibung aus dem kommunalen Amt auf oft mühsamen Wegen Hilfe und Unterstützung in verschiedenen Ländern der Welt fanden. Viele der Personen, die vorgestellt werden, kehrten nach Kriegsende nach Deutschland zurück und wurden wieder in der Politik, der Verwaltung oder im Universitätsbetrieb aktiv.
Erinnert wird an Dr. Heinrich Braun (Mitbegründer und Syndikus des Reichsbanners Schwarz Rot Gold), Siegmund Crummenerl (Stadtverordneter für die SPD), Dr. Heinz Lewin-Guradze (Magistratsrat), Dr. Emil Hammerschlag (Stadtverordneter für die SPD, ausgeschieden 1931), Eugen Petzall (Stadtverordneter und unbesoldeter Stadtrat für die Demokratische Partei, später Staatspartei), Max Pulvermann (Stadtkämmerer), Ernst Reuter (SPD, Oberbürgermeister) und Wolfgang Seiferth (Direktor der Volkshochschule).
Der Gedenkort 16. Januar 1945
Veranstaltung zur Geschichte und Erinnerung
13.01.2016 | Nachdem wir Ende 2014 im Rahmen einer Vorlesungsreise unsere Perspektiven auf das Gedenkan an den 16. Januar präsentiert haben, gibt es heute die Gelegenheit, die Perspektiven der “Zeitreise-Manufaktur” kennenzulernen. Die Veranstaltung in der Stadtbibliothek beginnt um 19.30 Uhr.
“Für Frieden und Entspannung – gegen NATO-Aufrüstung”, unter diesem Motto ging man zum 40. Jahrestag des Flächenbombardements gegen die Magdeburger Innenstadt auf dem Alten Markt auch offiziell auf die Straße. Elias Steger und Benjamin Kant von der Magdeburger „Zeitreise-Manufaktur“ stellen ihre Überlegungen zum Erinnerungsort „16. Januar 1945“ unter dem Titel “Ereignis, Erinnerungen, Engagement” vor. Musikalisch begleitet werden sie von PRYPJAT SYNDROME.
Kooperationspartner der Veranstaltung ist die Landeszentrale für politische Bildung Sachsen-Anhalt