Hauptbahnhof: Startpunkt für Exil und Deportationen
Der 1873 eröffnete zentrale Bahnhof Magdeburgs steht in vielfacher Beziehung zur Verfolgungsgeschichte des Nationalsozialismus. Von hier aus verließen Verfolgte des NS-Regimes die Stadt auf der Suche nach Sicherheit an anderen Orten des Deutschen Reiches oder im europäischen Exil. Von hier aus wurden als Teil der „Kindertransporte“ nach den Novemberpogromen 1938 junge Menschen jüdischer Herkunft nach Großbritannien in Sicherheit gebracht. Von hier aus fanden die Deportationen jüdischer Bürger in die Ghettos und Vernichtungslager im besetzten Osteuropa statt.
Die gewaltsame Vertreibung von Jüdinnen und Juden aus Magdeburg begann 1938 mit der Expatriierung und Ausweitung, derer, die zu Beginn des 20. Jahrhunderts von den Pogromen in Polen und Russland nach Deutschland geflüchtet waren. Etwas 135 Menschen aus der Region – davon 74 aus Magdeburg – waren davon betroffen.
Ab 1942 begann dann die systematische Deportation in die osteuropäischen Ghettos und Vernichtungslager. Vom 14. April 1942 bis zum 16. Januar 1944 verließen sieben Deportationszüge mit mindestens 347 Magdeburger Jüdinnen und Juden den Hauptbahnhof in das KZ Theresienstadt, das Warschauer Ghetto und das Vernichtungslager Auschwitz. Am 2. März 1943 wurden nach Auflösung des „Zigeunerlagers“ Magdeburg zudem 470 Sinti*zze und Rom*nja nach Auschwitz deportiert.
Braunes Haus: Frühes Zentrum der Repression (Regierungsstraße 1)
Direkt an das Kloster Unser Lieben Frauen grenzend, befand sich bis 1933 der Sitz der Vorstände von SPD, Sozialistischer Arbeiter-Jugend und der Arbeiterwohlfahrt im Regierungsbezirk Magdeburg sowie der Bundeszentrale des Reichsbanners Schwarz-Rot-Gold (1924 in Magdeburg gegründet). Im Zuge der nationalsozialistischen “Machtergreifung” drang die SA am 8. März 1933 gewaltsam in das Gebäude ein und besetzten es drei Tage später. Als “Horst-Wessel-Haus” diente ihr es als “wildes” Konzentrationslager für politische Gegner. Im April 1934 wurde das Haus von der Gestapo in Besitz genommen. In der Bevölkerung erhielt das Gebäude schon bald den Namen “Braunes Haus”. Es diente der Gestapo dem Verhör und der Folter politischer und weltanschaulicher Gegner.
Das Gebäude wurde im Zweiten Weltkrieg zerstört und existiert heute nicht mehr. An seiner Stelle erinnert heute eine Gedenktafel an die Verfolgung politischer Gegner.
Barlach-Ehrenmal (Dom)
Im Auftrag des preußischen Kultusministeriums schuf Ernst Barlach ab 1927 ein Ehrenmal für die Gefallenen des Ersten Weltkriegs. Die Holzplastik wurde am 24. November 1929 im Dom eingeweiht. Die Skulptur befindet innerhalb einer Konche in der Ostwand des nördlichen Querhauses. Sie zeigt zweimal drei Personen, die in der oberen Reihe für Erfahrung, Wissen und Naivität im Krieg sowie in der unteren Reihe für Not, Tod und Verzweiflung stehen.
Wegen seiner bildhaften Anklage betrieben Gemeindekirchenrat und Domprediger Ernst Martin sowie der der Direktor des Kaiser-Friedrich-Museums Walter Greischel seine Entfernung. Schließlich ließ das Kultusministerium 24. September 1934 die Skulptur in die Nationalgalerie Berlin verbringen. Nach Ernst Barlachs Tod 1938 sorgten Freunde für die Übergabe an die Pfarrkirche in Güstrow und bewahrten es vor der Vernichtung. 1949 von der Galerie Moritzburg in Halle (Saale) übernommen, fand das Ehrenmal am 19. September 1955 wieder seinen angestammten Platz.
Altes Rathaus: Gewaltsame Machtübernahme
Am Alten Markt befand sich ab dem 13. Jahrhundert das Zentrum der städtischen Selbstverwaltung. Das hier erbaute Rathaus wahr zugleich Zeugnis des Strebens nach politischer Autonomie. Nach der Zerstörung im Dreißigjährigen Krieg 1713 wiedererrichtet, dient das Alte Rathaus seither als Sitz der (Ober-)Bürgermeister und des Stadtrates. Sowohl Stadtrat als auch Stadtverwaltung waren seit 1918 sozialdemokratisch dominiert und damit den Nationalsozialisten besonders verhasst. Sie malten ein Schreckensbild des “Roten Rathauses” und richteten im Zuge der “Machtergreifung” ab Februar 1933 ihre Aktionen gegen diesen symbolträchtigen Ort und dessen politischen Vertreter. Noch vor den von den Nazis angesetzten Kommunalwahlen und der politische forcierten Gleichschaltung wurde hier die Zerstörung der kommunalen Autonomie gewaltsam vorweggenommen.
Diese Entwicklungen fanden ihren Niederschlag in drei Rathausbesetzungen vor und nach den letzten halbwegs freien Kommunalwahlen am 12. März 1933. So drangen am 8. März 1933 SA und Stahlhelm gewaltsam in das Rathaus ein, entfernen die schwarz-rot-goldenen Fahne der Weimarer Republik und hissen stattdessen die schwarz-weiß-rote Fahne des Kaiserreichs, die Fahne Preußens sowie die Hakenkreuz-Flagge der NSDAP. Drei Tage später stürmte die SA erneut das Rathaus und zerren Oberbürgermeister Ernst Reuter sowie seinen Stellvertreter Herbert Goldschmidt gewaltsam aus dem Gebäude. Anderthalb Wochen nach den Kommunalwahlen kam es am 21. März zu einer dritten Besetzung des Alten Rathauses durch Mitglieder von SA, SS und Stahlhelm. Sie erklärten Ernst Reuter für abgesetzt und proklamierten SA-Standartenführer Max Schulze zum “kommissarischen Oberbürgermeister”. Tags darauf folgte die preußische Regierung dem gewaltsamen Druck der Straße und ernannte Fritz Markmann, Mitglied der NSDAP, zum neuen Oberbürgermeister. Seine formale Wahl erfolgte dann am 6. Juli 1933.
Seit einigen Jahren erinnert eine Gedenktafel an der Südseite des Alten Rathauses an die Verfolgung von Mitgliedern der Stadtverordnetenversammlung im Nationalsozialismus. An Ostseite erinnert ein Stolperstein an Bürgermeister Herbert Goldschmidt und seine Ermordung 1943 in Riga.
Gedenken an die deportierten Jüdinnen und Juden
08.04.2022 | Vor 80 Jahren, am 14. April 1942, ging von Magdeburg aus der erste Deportationszug mit etwa 1.000 Jüdinnen und Juden aus der Region Magdeburg-Anhalt in das Warschauer Ghetto. Bis Januar 1944 sollten sechs weitere Züge nach Theresienstadt und Auschwitz folgen.
Das Bündnis gegen Rechts, der Förderverein Neue Synagoge und das Forum Gestaltung laden zum Gedenken ein – am Vorabend des 80. Jahrestags der ersten Deportation am Mittwoch, den 13. April 2022, um 17 Uhr auf dem Willy-Brandt-Platz vor dem Hauptbahnhof. Die musikalische Umrahmung übernimmt Martin Müller. Zum Infektionsschutz bitten wir die Teilnehmenden um die Nutzung einer geeigneten Mund-Nasen-Bedeckung und die Wahrung des Mindestabstandes.
Im Anschluss an das Gedenken (ca. 18.30 Uhr) wird im Forum Gestaltung (Brandenburger Straße 9-10) der Dokumentarfilm „Nacht und Nebel“ (Frankreich 1955, Regie: Alain Resnais. Mit Texten von Jean Cayrol/Paul Celan. Musik von Hanns Eisler).
Zum Hintergrund
Die gewaltsame Vertreibung von Jüdinnen und Juden aus Magdeburg begann 1938 mit der Expatriierung und Ausweisung jener, die zu Beginn des 20. Jahrhunderts vor den Pogromen in Osteuropa nach Deutschland geflüchtet waren. Mehr als 100 Menschen waren davon betroffen. Ab 1942 begann die systematische Deportation in die osteuropäischen Ghettos und Vernichtungslager. Etwa 1.000 Männer, Frauen und Kinder aus den Bereichen der Gestapo-Leitstellen Magdeburg, Potsdam und Berlin – davon 153 aus Magdeburg –, wurden am 14. April 1942 mit einem ersten Zug beginnend vom Magdeburger Hauptbahnhof in das Warschauer Ghetto deportiert. Sie trafen dort am 16. April 1942 ein. Insgesamt wurden bis zum Ende des zweiten Weltkriegs mehrere hundert Kinder, Frauen und Männer aus Magdeburg deportiert.
Gedenken an die ermordeten Sint*izze und Rom*nja
01.03.2022 | Am 1. März 2022 jährt sich zum 79. Mal die Deportation der Sint*izze und Rom*nja aus dem „Zigeunerlager“ am Holzweg/Silberberg in Magdeburg nach Auschwitz. Dort wurden 340 von ihnen ermordet. Ihrer möchten das BgR Magdeburg und Miteinander e.V. zusammen mit der Stadtbibliothek gedenken:
- 16.00 Uhr | Gedenkkundgebung | Namensstele am Florapark
- 17.00 Uhr | Filmvorführung: „Was mit Unku geschah“ | Stadtteilbibliothek Florapark
- 19.30 Uhr | Kommentierte Lesung: Die Stadt Magdeburg und die Verfolgung der Sint*izze und Rom*nja im Nationalsozialismus | Zentralbibliothek
16.00 Uhr | Gedenkkundgebung | Namensstele am Florapark
Das Bündnis gegen Rechts und Miteinander e.V. laden um 16 Uhr an der Namensstele im Florapark (Olvenstedter Graseweg, Fußgängerzugang zum Florapark) zum Gedenken ein. Die Kundgebung findet unter Beachtung des derzeit notwendigen Infektionsschutzes statt. Die Teilnehmenden werden gebeten, sich vorab zu testen, auf ausreichend Abstand zu achten und einen Mundschutz zu tragen.
17.00 Uhr | Filmvorführung: „Was mit Unku geschah“ | Stadtteilbibliothek Florapark
Im Rahmen des Projektes „Lokale Geschichte sichtbar machen“ stieß ein Projekt des Alternativen Jugendzentrums Dessau-Roßlau darauf, dass „Unku“ ein reales Mädchen aus Magdeburg war, das die jüdische Schriftstellerin Grete Weiskopf zu ihrem Roman „Ede und Unku“ inspirierte. Unku hieß eigentlich Erna Lauenburger und war eine Sintessa — weshalb ihr Leben wie das ihrer Familienmitglieder beispielhaft das Schicksal der Sinti und Roma zur NS-Zeit zeigt. Die Jugendlichen haben ihre akribischen Archivrecherchen und Zeitzeugenbefragungen zu dem 35-minütigen Film „Was mit Unku geschah“ zusammengetragen. Die Veranstaltung der Stadtbibliothek Magdeburg findet in Kooperation mit Miteinander e.V. statt.
19.30 Uhr | Kommentierte Lesung: Die Stadt Magdeburg und die Verfolgung der Sint*izze und Rom*nja im Nationalsozialismus | Zentralbibliothek
Anhand von Akten der Ratsherren und der Polizei wird die Beteiligung der Stadt an der Ausgrenzung, Verfolgung und Deportation der Sinti und Roma aus Magdeburg nachgezeichnet. Es liest und kommentiert Pascal Begrich. Die Veranstaltung der Stadtbibliothek Magdeburg findet in Kooperation mit Miteinander e.V. statt.
Für die Bibliotheksveranstaltung ist eine Anmeldung ist derzeit eine Anmeldung über oder unter 0391.540 48 84 erforderlich. Zugangsvoraussetzung ist 3G und das Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung.
Zum Hintergrund
Am 4. März 1935 hatte die Stadtverwaltung Magdeburg die Errichtung eines „Zigeunerlagers“ beschlossen. Ab Mai 1935 mussten hier alle Sint*izze und Rom*nja der Stadt unter widrigen Lebensbedingungen wohnen. Am 1. März 1943 wurde das Lager in einer gemeinsamen Aktion von Gestapo und Polizei aufgelöst. Sämtliche Bewohner*innen wurden verhaftet und mit 10 bis 15 Lastwagen zum Magdeburger Polizeipräsidium gebracht. Weitere Sint*izze und Rom*nja, die nicht im Lager gelebt hatten, wurden von der Polizei gewaltsam aus ihren Wohnungen gezerrt und ebenfalls im Polizeipräsidium inhaftiert. Tags darauf wurden die Inhaftierten zusammen mit Sint*izze und Rom*nja aus der Region vom Güterbahnhof mit dem Zug nach Auschwitz deportiert. Von 470 Deportierten überlebten 340 die Liquidierung des dortigen „Zigeunerlagers“ nicht. Insgesamt fielen dem Porajmos – dem Völkermord an den Sint*izze und Rom*nja im Nationalsozialismus – mindestens 200.000 Menschen zum Opfer.
Gedenken an die Opfer des KZ-Außenlagers der Polte-Werke
14.06.2021 | Das Amt für Gleichstellungsfragen der Landeshauptstadt Magdeburg lädt am 14. Juni 2021 um 14:00 Uhr zu einer Gedenkveranstaltung am Tor des ehemaligen Konzentrationslagers der Polte-Werke in die Liebknechtstraße 65 ein. Erinnert wird an die über 3.000 Frauen und 600 Männer, die vom 14. Juni 1944 bis zum April 1945 in das Lager in der Liebknechtstraße deportiert worden waren.
Neben Gedenkreden von der Gleichstellungsbeauftragten Heike Ponitka, der Beigeordneten für Kultur, Schule und Sport, Regina-Dolores Stieler-Hinz, und Grit Merker vom LSVD Sachsen-Anhalt e.V., wird es musikalische Beiträge von Dobrin Stanislawow an der Violine geben. Am Ende der Veranstaltung wird es eine Gedenkminute geben. Die Gäste des Gedenkens werden gebeten, auf die geltenden Abstands- und Hygieneregeln zu achten.
Zum Hintergrund
Am 14. Juni 1944 erreichte ein Transport von etwa 1.000 weiblichen Häftlingen die Polte-Werke im heutigen Stadtfeld. Sie mussten hier in einem Außenkommando der Konzentrationslager Ravensbrück und Buchenwald Zwangsarbeit leisten. Bis zur Auflösung des KZ-Außenlagers waren hier insgesamt 3.090 Frauen inhaftiert. Sie kamen mit vier großen Transporten aus den Konzentrationslagern Ravensbrück, Stutthof und Bergen-Belsen nach Magdeburg. In ihrer Mehrzahl waren sie polnische und sowjetische Frauen, die als Zwangsarbeiterinnen ins Deutsche Reich verschleppt worden waren. Hinzu kamen 600 Jüdinnen aus Ungarn, Polen, Litauen, Lettland, Rumänien und Österreich. Das KZ für Frauen wurde ab November 1944 durch ein KZ für Männer ergänzt. Hier waren bis Kriegsende etwa 1.000 Juden aus Ungarn, Polen und Litauen inhaftiert. Einzelne Häftlinge kamen auch aus Deutschland, Jugoslawien, Italien und der Tschechoslowakei. Von den Inhaftierten überlebten nur etwa 600 Frauen und wenige Hundert Männer das Kriegsende.
Unerwünscht – Vertrieben – Emigriert
15.01.2016 | Wie in den vergangenen Jahren führen wir in Zusammenarbeit mit der AG “Rathaus ohne Nazis” mit Stadtverordneten aller Fraktionen eine Aktion zur Erinnerung an die 1933 vertriebenen Kommunalpolitiker_innen und kommunale Verwaltungskräfte durch. Die Veranstaltung ist als “Meilenstein der Demokratie” Teil der Proteste gegen den Naziaufmarsch. Treffpunkt ist um 14.30 Uhr die Gedenkstele am Seiteneingang des Rathauses. Nach einer kurzen Einführung geht es in der Rathausdiele weiter, die auf Beschluss den Namen “Ernst-Reuter-Diele” tragen soll. Die Aktion endet gegen 16 Uhr.
In diesem Jahr erinnern wir vor allem an Menschen, die nach ihrer Vertreibung aus dem kommunalen Amt auf oft mühsamen Wegen Hilfe und Unterstützung in verschiedenen Ländern der Welt fanden. Viele der Personen, die vorgestellt werden, kehrten nach Kriegsende nach Deutschland zurück und wurden wieder in der Politik, der Verwaltung oder im Universitätsbetrieb aktiv.
Erinnert wird an Dr. Heinrich Braun (Mitbegründer und Syndikus des Reichsbanners Schwarz Rot Gold), Siegmund Crummenerl (Stadtverordneter für die SPD), Dr. Heinz Lewin-Guradze (Magistratsrat), Dr. Emil Hammerschlag (Stadtverordneter für die SPD, ausgeschieden 1931), Eugen Petzall (Stadtverordneter und unbesoldeter Stadtrat für die Demokratische Partei, später Staatspartei), Max Pulvermann (Stadtkämmerer), Ernst Reuter (SPD, Oberbürgermeister) und Wolfgang Seiferth (Direktor der Volkshochschule).
Der Gedenkort 16. Januar 1945
Veranstaltung zur Geschichte und Erinnerung
13.01.2016 | Nachdem wir Ende 2014 im Rahmen einer Vorlesungsreise unsere Perspektiven auf das Gedenkan an den 16. Januar präsentiert haben, gibt es heute die Gelegenheit, die Perspektiven der “Zeitreise-Manufaktur” kennenzulernen. Die Veranstaltung in der Stadtbibliothek beginnt um 19.30 Uhr.
“Für Frieden und Entspannung – gegen NATO-Aufrüstung”, unter diesem Motto ging man zum 40. Jahrestag des Flächenbombardements gegen die Magdeburger Innenstadt auf dem Alten Markt auch offiziell auf die Straße. Elias Steger und Benjamin Kant von der Magdeburger „Zeitreise-Manufaktur“ stellen ihre Überlegungen zum Erinnerungsort „16. Januar 1945“ unter dem Titel “Ereignis, Erinnerungen, Engagement” vor. Musikalisch begleitet werden sie von PRYPJAT SYNDROME.
Kooperationspartner der Veranstaltung ist die Landeszentrale für politische Bildung Sachsen-Anhalt
Stolpersteine für Magdeburg: Die 24. Verlegung
17.11.2015 | Am Mittwoch, den 18. November, werden erneut Stolpersteine – diesmal im Gedenken an jüdische und homosexuelle Opfer des Nationalsozialismus – verlegt. Die Verlegungen beginnen um 9 Uhr mit der Erinnerung an Familie Henschke gegenüber dem Nordpark und enden 14 Uhr mit dem Gedenken an Otto Friedrich Könnecke und Adolf Billmann an der Krügerbrücke.
Ablauf
- 9.00 Uhr: Familie Henschke – gegenüber dem Nordpark, ca. 200m westlich vom Pfälzer Platz
- 9.25 Uhr: Mitglieder der Familie Blumenfeld – Rathenaustraße, am östlichen Tunnelausgang
- 10.00 Uhr: Familie Kreisel – Breiter Weg, nahe dem Katharinenturm
- 10.25 Uhr: Familie Zelichower – Krökentor, wenige Schritte in die Straße auf der Rückseite des Breiten Weges
- 11.00 Uhr: Familie Bick-Korn – Julius-Bremer-Straße, nahe der Durchfahrt zum Parkhaus Marietta-Gebäude
- 11.25 Uhr: Familie Stern-Hammelburger – Ernst-Reuter-Allee, am Fußweg zum Johannisberg
- 12.00 Uhr: Adolf Billmann – Krügerbrücke/nahe Ecke Ulrichsplatz
- 12.35 Uhr: Familie Weiss – Otto-von-Guericke-Straße 48
- 13.15 Uhr: Otto Friedrich Könnecke – Braunschweiger Straße 102
- 14.00 Uhr: Ernst Friedeberg – Herderstraße 17
Schülerinnen und Schüler aus dem Schollgymnasium und aus der Schule LebenLernen haben für diese Verlegung recherchiert – zur Familie Zelichower bzw. zur Familie Bick/Korn. Gesammelt für die Finanzierung von Stolpersteinen haben außer diesen beiden Gruppen mit ihren Lehrerinnen auch Schülerinnen und Schüler aus der Freien Waldorfschule Magdeburg und aus dem Konservatorium, sowie Familie Jürgen Mory (bei einem Familienfest) und viele andere mehr.
Gedenken an das Novemberpogrom von 1938
09.11.2015 | Der Evangelische Kirchenkreis und die Synagogengemeinde erinnern heute (9.11.) ab 18 Uhr an das antisemitische Pogrom vom November 1938 mit einer Gedenkstunde im Forum Gestaltung (Brandenburger Straße 10). Die Veranstaltung findet in Kooperation mit dem Forum Gestaltung sowie mit Schülerinnen und Schülern des Domgymnasiums statt.
Im Rahmen der reichsweiten Pogrome wurden in der Nacht vom 9. auf den 10. November 1938 in Magdeburg mindestens 30 Geschäfte sowie mehrere Arztpraxen und Wohnungen von Juden verwüstet. Der Innenraum der Synagoge wurde von der SA mit Sprengstoff zerstört. Unterlagen der jüdischen Gemeinde und religiöse Kultgegenstände wurden auf dem Hof der Synagoge verbrannt. Gestapo, SS und SA drangsalierten und misshandelten jüdische Bürger. 120 Männer wurden verhaftet und in das KZ Buchenwald verschleppt. Das Pogrom bildete den brutalen Schlusspunkt für das öffentliche jüdische Leben in Magdeburg sowie den Auftakt zur Ghettoisierung bis hin zu Deporation und systematischer Ermordung.
Die Nationalsozialisten hatten das tödliche Attentat auf den Sekretär der Deutschen Botschaft in Paris, Ernst von Rath, zum Anlass genommen, um in ganz Deutschland und Österreich die gewalttätigsten Pogrome gegen die Juden seit dem Mittelalter zu entfesseln. In Magdeburg hetzte NSDAP-Kreisleiter Rudolf Krause am Abend des 9. November SA-, SS- und Parteiangehörige zu den antisemitischen Ausschreitungen auf.
Geschichte entfesselt
16.07.2015 | Das Wochenende vom 17. bis 19. Juli steht beim Kultur-Festival “Die neue Sinnlichkeit” in der ehemaligen JVA ganz im Zeichen der Geschichte. Ausstellungen, Vorträge und künstllerische Darbietungen beleuchten verschiedene Facetten von Kriegsgefangenschaft, KZ-Haft, Zwangsarbeit und Justiz im Nationalsozialismus und während des Ersten Weltkrieges. Lesungen, historische Rundgänge runden das Programm ab.
Justiz im Nationalsozialismus. Über Verbrechen im Namen des Deutschen Volkes
Die Ausstellung dokumentiert die Rolle der deutschen Justiz in den Jahren 1933 bis 1945. Sie nennt – jeweils bezogen auf das Gebiet des heutigen Landes Sachsen-Anhalt – die Namen von Tätern und Opfern. Gezeigt werden sowohl das aktive Mitwirken an staatlichen Verbrechen als auch die Schicksale von Frauen und Männern als Objekte staatlicher Gewalt.
Zwangsarbeit und KZ-Haft in Magdeburg
Die Ausstellung dokumentiert 111 Orte in Magdeburg, an denen Zwangsarbeiter_innen, Kriegsgefangene und KZ-Häftlinge leiden mussten. Einzelne Lager werden beispielhaft vorgestellt sowie ihre Rolle für die Stadt und das System des NS-Vernichtungsapparates aufgezeigt.
Otto Stiehl. Militär, Architekt, Rassist?
Fotos des Magdeburgers Otto Stiehl zeigen Kriegsgefangene aus dem Ersten Weltkrieg, die die islamisch-christlichen Kulturbegegnungen unter den Bedingungen des Krieges spiegeln. Untermalt wird die Ausstellung von Gesängen und Musik, die in deutschen Kriegsgefangenenlagern aufgenommen wurden. Zu hören sind baschkirische, wolga-, krim- und nogay-tatarische, tschuwaschische sowie kirgisische Melodien.
Das Geschichtswochenende wird präsentiert vom Kulturanker e.V., ICATAT e.V., dem NDC Sachsen-Anhalt e.V., der Stiftung Gedenkstätten Sachsen-Anhalt, der LKJ Sachsen-Anhalkt und Dr. Jürgen Martini.Gefördert durch die Landeszentrale für politische Bildung Sachsen-Anhalt.
Hinweise zu den Ausstellungen sowie zum umfangreichen Begleitprogramm finden sich im Programmflyer, der auf den Seiten des Bündnis gegen Rechts als Download zur Verfügung steht.
Gedenken an Klara Klemm
07.07.2015 | Wenn nahe Angehörige ermordeter Opfer des Nationalsozialismus persönlich Probleme mit den von Gunter Demnig initiierten Stolpersteinen haben, aber auch die Idee von Demnig beibehalten werden soll, in der Öffentlichkeit der Stadt sichtbar zu erinnern, dann muss nach anderen Möglichkeiten gesucht werden, dies zu tun. Dieser Aufgabe hat sich die Arbeitsgruppe “Stolpersteine für Magdeburg” gestellt und wird an Klara Klemm gemeinsam mit ihrem Sohn Manfred Klemm (Israel) auf andere Weise erinnern: Am 9. Juli um 11 Uhr wird im Katharinenturm (Breiter Weg 31) eine Gedenktafel eingeweiht, die an Klara Klemm erinnert. Zahlreiche Angehörige und Freunde der Familie aus Australien und Israel werden dazu anreisen und den heute über 80jährigen Sohn Manfred Klemm (Israel) bei der Enthüllung der Tafel zu begleiten.
Klara Klemm und ihre Familie wohnten nahe der damaligen Katharinenkirche, am Breiten Weg 82. Im Katharinenturm kann man im Erdgeschoss das Haus Breiter Weg 82 noch sehen – es ist auf einer Wandtapete abgebildet, die sich dort durch den Flur zieht. Die WOBAU Magdeburg hat freundlicherweise den Raum zur Verfügung gestellt sowie die Erstellung einer Gedenktafel durch den Designer Ernst Albrecht Fiedler und deren Finanzierung ermöglicht.
Klara Klemm, geborene Heit, wurde am 11. Dezember 1905 in Greiz geboren. Als Jüdin wurde sie 1943 verhaftet und anschließend nach Auschwitz deportiert, wo sie am 6. Dezember 1943 ermordet wurde.
Die Arbeitsgruppe “Stolpersteine für Magdeburg” lädt herzlich zur Gedenkzeremonie ein.
Gedenken an die Opfer des KZ Polte-Magdeburg
09.06.2015 | In Erinnerung an die Opfer des KZ Polte-Magdeburg findet am Sonntag, den 14. Juni 2015, um 11 Uhr eine Gedenkveranstaltung des Politischen Runden Tisches der Frauen Magdeburg, dem Bündnis gegen Rechts und dem Jugendtheaterensemble am ehemaligen Tor des Konzentrationslagers in der Liebknechtstraße 65 statt. Hierzu sind alle Interessierten herzlich eingeladen.
Zum Hintergrund
Am 14. Juni 1944 erreichte ein Transport von etwa 1.000 weiblichen Häftlingen die Polte-Werke im heutigen Stadtfeld. Sie mussten hier in einem Außenkommando der Konzentrationslager Ravensbrück und Buchenwald Zwangsarbeit leisten. Bis zur Auflösung des KZ-Außenlagers waren hier insgesamt 3.090 Frauen inhaftiert. Sie kamen mit vier großen Transporten aus den Konzentrationslagern Ravensbrück, Stutthof und Bergen-Belsen nach Magdeburg. In ihrer Mehrzahl waren sie polnische und sowjetische Frauen, die als Zwangsarbeiterinnen ins Deutsche Reich verschleppt worden waren. Hinzu kamen 600 Jüdinnen aus Ungarn, Polen, Litauen, Lettland, Rumänien und Österreich. Das KZ für Frauen wurde ab November 1944 durch ein KZ für Männer ergänzt. Hier waren bis Kriegsende etwa 1.000 Juden aus Ungarn, Polen und Litauen inhaftiert. Einzelne Häftlinge kamen auch aus Deutschland, Jugoslawien, Italien und der Tschechoslowakei. Von den Inhaftierten überlebten nur etwa 600 Frauen und wenige Hundert Männer das Kriegsende.
“Deutscher Meister” – Lesung mit Stefanie Bart
19.05.2015 | Am Dienstag, den 19. Mai 2015, um 19.30 Uhr liest Stephanie Bart in der Stadtbibliothek aus ihrem Roman “Deutscher Meister” über den Sinto-Boxer Johann Rukelie Trollmann im Berlin 1933. Mit virtuoser Stimme erschafft die Autorin ein atemraubendes Panorama der Reichshauptstadt. Deutscher Meister führt ins Innerste der nationalsozialistischen Machtentfaltung und an ihre Grenzen.
Berlin, 9. Juni 1933: Johann Rukelie Trollmann ist ein talentierter, unkonventionell kämpfender Boxer und charismatischer Publikumsliebling. Endlich steht er im Kampf um die Deutsche Meisterschaft. Seinem Gegner ist er überlegen. Doch Trollmann ist Sinto. SA steht am Ring. Funktionäre und Presse tun alles, um seine Karriere zu zerstören und ihn endgültig auf die Bretter zu schicken. Obwohl das Ringen um den Titel aussichtslos scheint, gelingt es Trollmann, den Nazis und ihrer Ideologie einen unvergänglichen Schlag zu verpassen.
Die Lesung ist eine Veranstaltung der Stadtbbiliothek Magdeburg in Kooperation mit der Landeszentrale für politische Bildung.
Die letzte Etappe: Ein Aktionstag im Gedenken an die Opfer von Todesmarsch und Massaker im Stadion „Neue Welt“
09.04.2015 | Vor 70 Jahren mussten sich etwa 3.500 Häftlinge des KZ Polte-Magdeburg auf einen Todesmarsch Richtung Osten begeben. Mindestens 42 von ihnen starben bei einem Massaker von SS, Volkssturm und HJ im Stadion „Neue Welt“. Hunderte überlebten die Evakuierung nicht. Das BgR nimmt den Jahrestag am 13. April zum Anlass für einen Gedenkweg. Beginn ist 12.00 Uhr am „Ehrenhain für die Opfer des Faschismus“ auf dem Westfriedhof.
Mit einem Gedenkweg erinnert das Bündnis gegen Rechts Magdeburg an den Todesmarsch der Häftlinge des KZ Polte-Magdeburg und die Opfer des Massakers im Stadion „Neue Welt“. Mit Kundgebungen, Kranzniederlegungen und Lesungen wird der Ereignisse vor 70 Jahren gedacht. Der Tag versteht sich zugleich als Auseinandersetzung mit dem Rassismus der MAGIDA-Demonstrationen. An den Aktionen beteiligen sich Schülerinnen und Schüler der Sekundarschule LebenLernen, der Freien Ganztagsschule Neinstedt, der Schule des 2. Bildungswegs und der IGS Regine Hildebrandt.
Der Gedenkweg beginnt 12 Uhr mit einer Kranzniederlegung am „Ehrenhain für die Opfer des Faschismus“ auf dem Westfriedhof und findet seine Fortsetzung um 13.30 Uhr am Mahnmal für das KZ bei den Polte-Werken in der Liebknechtstraße. Um 14.30 Uhr wird im „Neverending“ (Breiter Weg 17) an Zwangsarbeit und KZ-Haft in Magdeburg erinnert. Um 15.10 Uhr wird mit Texten an der Ecke Brückstraße/Herrenkrugstraße und um 15.45 Uhr an der Ecke Berliner Chaussee/Jerichower Straße die Bedeutung der Menschenrechte hervorgehoben. Die Aktion findet ihren Abschluss mit einer Kranzniederlegung am Gedenkstein für die Opfer des Massakers im Stadion „Neue Welt“ (Berliner Chaussee).
Für ein weltoffenes Magdeburg – Gegen Rassismus und Islamfeindlichkeit
MONTAG, 13. APRIL | 18.30 UHR | ALTER MARKT
Das Gedenken an die Opfer der NS-Verbechen, aber auch die Erinnerung an die Täter, Mitläufer und Zuschauer vor Ort muss eine Bedeutung für die Gestaltung von Gegenwart und Zukunft haben. Ohne kritische Fragen an die Geschichte und die Diskussion über die Konsequenzen für heute verkommt das Gedenken zum leeren Ritual. Daher verbindet das BgR Magdeburg den Gedenkweg mit der Auseinandersetzung mit Rechtsextremismus, Rassismus und Menschenverachtung in der Gegenwart. Wir rufen ein weiters Mal zu Protesten gegen die islamfeindlichen MAGIDA-Demonstrationen auf und laden ein zu einer Kundgebung für eine weltoffenes Magdeburg – Gegen Rassismus und Islamfeindlichkeit. Beginn ist 18.30 Uhr auf dem Alten Markt. Dort gibt es dann u.a. auch Gelegenheit, sich über die Themen des Gedenkweges zu informieren.
Gedenken an die verfolgten und ermordeten Sinti und Roma
27.02.2015 | Am 4. März jährt sich zum 80. Mal der Beschluss der Stadt zur Einrichtung des sogenannten Zigeunerlagers am Holzweg. Dort mussten alle Sinti und Roma aus der Region Magdeburg unter widrigen Lebensumständen wohnen. Am 1. März 1943 wurde das Lager aufgelöst, seine Bewohner_innen nach Auschwitz deportiert und 340 von ihnen ermordet. Ihrer gedenkt das Bündnis gegen Rechts am Sonntag, den 1. März, um 16 Uhr an der Namensstele beim Florapark (Olvenstedter Graseweg).
Zum Hintergrund
Am 1. März 1943 wird das „Zigeunerlager“ Magdeburg in einer gemeinsamen Aktion von Gestapo und Polizei aufgelöst. Sämtliche Bewohner_innen werden verhaftet und mit 10 bis 15 Lastwagen zum Magdeburger Polizeipräsidium gebracht. Einige Sinti und Roma, die nicht im Lager gelebt haben, werden von der Polizei gewaltsam aus ihren Wohnungen gezerrt und ebenfalls im Polizeipräsidium inhaftiert. Tags darauf werden die Inhaftierten nach dem Eintreffen weiterer Sinti und Roma aus der Region vom Güterbahnhof mit dem Zug nach Auschwitz deportiert. Von 470 Deportierten überleben 340 den Holocaust nicht.
Städtisches Gedenken an die Opfer des Nationalsozialismus
27.01.2015 | Heute vor 70 Jahren befreite die Rote Armee Auschwitz. 2005 erklärte die UN den 27. Januar zum Internationalen Tag des Gedenkens an die Opfer des Holocausts. Bereits seit 2005 ist er ein bundesweiter Gedenktag. Aus diesem Anlass lädt die Stadt Magdeburg um 14.00 Uhr zu einer Kranzniederlegung am Mahnmal zum Gedenken an die Opfer des KZ-Außenlagers „Magda“ in Magdeburg-Rothensee ein.
In der Nähe des ehemaligen Lagers „Magda“, in der Rothenseer Havelstraße/Ecke Heinrichsberger Straße wurde am 26. Januar 2001 das von dem Metallplastiker Peter Hinz und dem Schriftsteller Jürgen Rennert geschaffene Mahnmal enthüllt. Es erinnert an das KZ-Außenlager „Magda”, das sich 1944/45 in unmittelbarer Nachbarschaft befand.
Ab Juni 1944 waren 2.170 zumeist ungarische Juden des Konzentrationslagers Buchenwald in das KZ-Außenlager „Magda“ in Magdeburg-Rothensee überführt und zur Schwerstarbeit für die Braunkohle-Benzin AG (BRABAG) gezwungen worden. Das Lager befand sich in unmittelbarer Nähe des heutigen Denkmals. Bis zu seiner Auflösung im Februar 1945 kamen 550 Häftlinge ums Leben.
Gedenken an das Novemberpogrom
07.11.2015 | An das antisemitische Pogrom vom November 1938 wird in diesem Jahr bereits am 8. November um 18.30 Uhr mit einer Gedenkstunde im Forum Gestaltung (Brandenburger Straße 10) erinnert. Anschließend erfolgt ein Gedenkweg zum Denkmal für die durch die Nationalsozialisten zerstörten Synagoge in der Julius-Bremer-Straße.
Im Rahmen der reichsweiten Pogrome werden in der Nacht vom 9. auf den 10. November 1938 mindestens 30 Geschäfte sowie mehrere Arztpraxen und Wohnungen von Juden in der Nacht und im Laufe des 10. Novembers verwüstet. Der Innenraum der Synagoge wird von der SA mit Sprengstoff zerstört. Unterlagen der jüdischen Gemeinde und religiöse Kultgegenstände werden auf dem Hof der Synagoge verbrannt. Gestapo, SS und SA drangsalieren und misshandeln jüdische Bürger. 120 Männer werden verhaftet und in das KZ Buchenwald verschleppt. Das Pogrom bildet den brutalen Schlusspunkt für das öffentliche jüdische Leben in Magdeburg sowie den Auftakt zur Ghettoisierung.
Die Nationalsozialisten hatten das tödliche Attentat auf den Sekretär der Deutschen Botschaft in Paris, Ernst von Rath, zum Anlass genommen, um in ganz Deutschland und Österreich die gewalttätigsten Pogrome gegen die Juden seit dem Mittelalter zu entfesseln. In Magdeburg hetzte NSDAP-Kreisleiter Rudolf Krause am Abend des 9. November SA-, SS- und Parteiangehörige zu den antisemitischen Ausschreitungen auf.
Verlegung von Stolpersteinen
20.10.2014 | Im Rahmen der Tage der jüdischen Kultur und Geschichte werden erneut Stolpersteine verlegt. Sie erinnern an Magdeburger jüdischen Glaubens, die während des Nationalsozialiusmus verfolgt und ermordet worden sind. Die Verlegungen finden am Freitag, den 24. Oktober, ab 12.00 Uhr (Beginn: Lübecker Straße 99) sowie am Dienstag, den 11. November, ab 10.30 Uhr (Beginn: Rathenau-straße, östlich des Tunnelausgangs) statt.
Am 24. Oktober wird mit Stolpersteinen den folgenden Magdeburgern gedacht:
SELMA ROSENTHAL GEBORENE HIRSCHFELD, ARON ALEXANDER BLUMENFELD, HELENE SPANIER GEBORENE LEHMANN, GERTRUD SPANIER, DR. MICHAEL LEHFELD, THEKLA LEHFELD GEBORENE VOSS, OTTO WOLFF, LEOPOLD WOLFF, FRIEDA WOLFF VERWITWETE BRUCK GEBORENE HIRSCHLAND, KARLHEINZ BRUCK, MOSES BAER, NANNY BAER GEBORENE WEINBERG, HANS BLUMENTHAL, HULDA ZADECK, ELISABETH WALDSTEIN GEBORENE WEINZWEIG, JULIUS JOSEPH, EMMA JOSEPH GEBORENE ROBERT, URSULA JOSEPH
Die Verlegung am 11. November erinnert an:
EDUARD NUSSBAUM, SARA ROSA WEINBERG GEBORENE KOHANE, JACQUES DECOUR GEBORENER DANIEL DECOURDEMANCHE
Inmitten der Stadt
Heute vor 70 Jahren erreichten die ersten Häftlinge das KZ Polte-Magdeburg
14.06.2014 | Am 9. Juni 1944 einigten sich Rüstungsminister Albert Speer und die deutsche Flugzeugindustrie auf den Einsatz von 20.000 zusätzlichen weiblichen KZ-Häftlingen in der Kriegswirtschaft. Dies nahm der Polte-Konzern als Munitionsproduzent für die Luftwaffe zum Anlass, gegenüber ihrem Hauptwerk in Magdeburg ein Konzentrationslager zu errichten. Das Außenkommando der KZs Ravensbrück und Buchenwald befand sich inmitten des Wohngebiets Wilhelmstadt (heute Stadtfeld) an der Poltestraße (heute Liebknechtstraße).
Zum Hintergrund
Am 14. Juni 1944 erreichte ein Transport von etwa 1.000 Häftlingen das Lager. Bis zum September 1944 erhöhte sich die Häftlingszahl auf über 1.800 Frauen. Bis zu seiner Auflösung erhöhte sich die Gesamtzahl der inhaftierten weiblichen Häftlinge auf 3.090. Sie kamen mit vier großen Transporten aus den Konzentrationslagern Ravensbrück, Stutthof und Bergen-Belsen nach Magdeburg. In ihrer Mehrzahl waren die Häftlinge polnische und sowjetische Frauen, die als Zwangsarbeiterinnen ins Deutsche Reich verschleppt worden waren. Hinzu kamen 600 Jüdinnen aus Ungarn, Polen, Litauen, Lettland, Rumänien und Österreich. Das KZ für Frauen wurde ab November 1944 durch ein KZ für Männer ergänzt. Hier waren bis Kriegsende etwa 1.000 Juden aus Ungarn, Polen und Litauen inhaftiert. Einzelne Häftlinge kamen auch aus Deutschland, Jugoslawien, Italien und der Tschechoslowakei.
Wie in allen Konzentrationslagern, so waren auch im Außenlager der Polte-Werke die Lebens- und Arbeitsbedingungen von extremer Härte gekennzeichnet. Die Frauen und Männer des Kommandos arbeiteten täglich zwölf Stunden in den verschiedenen Abteilungen der Munitionsproduktion. Es gab immer wieder schwere Unfälle. Die Zermürbungen und Drangsalierungen der Arbeitseinsätze fanden ihre Fortsetzung im Lagerleben. Entkräftung, Kälte, Hunger und Krankheit waren die ständigen Begleiter der Inhaftierten. Hinzu kam ein grausames Lagerregime der SS-Wachmannschaften und Aufseherinnen. Stundenlange Appelle und ein sadistisches Strafsystem prägten den Alltag. Häftlinge wurden mit Scheinhinrichtungen gequält, ein junges ukrainisches Mädchen vor aller Augen wegen angeblicher Sabotage am Galgen hingerichtet. Dem Lager- und Arbeitsregime fielen mindestens 20 Frauen und Dutzende Männer zum Opfer. Mehr als hundert Häftlinge wurden wegen Arbeitsunfähigkeit nach Ravensbrück, Bergen-Belsen und Buchenwald in den Tod geschickt.
Als die amerikanischen und sowjetischen Armeen im April 1945 näher rückten, löste sich das Lagerregime im KZ Polte-Magdeburg allmählich auf. Einigen Häftlingen gelang es am 11. April in die umliegenden Stadtviertel zu fliehen. Etwa 3.500 wurden am 13. April von Volkssturm und SS zusammengetrieben und auf einen Todesmarsch nach Ravensbrück bzw. Sachsenhausen geführt. Bei einem Zwischenstopp auf dem Gelände des Stadions „Neue Welt“ kam es zu einem Massaker der SS an mindestens 42 Häftlingen. Von den über 3.000 Frauen des KZ Polte-Magdeburg erlebten nur etwa 600 das Kriegsende.
Seit den 1980er Jahren erinnert ein Mahnmal an der Liebknechtstraße 65 in Form eines ehemaligen Lagertors an die Opfer des Außenkommandos. Das Tor wurde auf Initiative des Politischen Runden Tisches der Frauen Magdeburg und dem jüdischen Frauenverein Bereshith 2008 durch eine Gedenktafel ergänzt. Heute findet dort um 11 Uhr eine Gedenkveranstaltung in Kooperation der LHS Magdeburg, Miteinander e.V., dem Politischen Runden Tisch der Frauen Magdeburg, der Deutsch-Polnischen- Gesellschaft und dem jüdischen Frauenverein Bereshith statt. Hierzu sind alle Interessierten herzlich eingeladen.
70 Jahre nach der Errichtung des KZ Polte-Magdeburg
13.06.2014 | Unweit des Stadtzentrums wird in Magdeburg-Wilhelmstadt, dem heutigen Stadtfeld, ein KZ-Außenlager für Frauen errichtet, dessen erste Häftlinge dort am 14. Juni 1944 eintreffen. Insgesamt werden hier etwa 3.100 Frauen, überwiegend aus Osteuropa, inhaftiert und müssen für den Polte-Konzern Zwangsarbeit leisten. Von den Inhaftierten überleben nur etwa 600 das Kriegsende.
In Erinnerung an die Opfer des KZ findet am Samstag, den 14. Juni 2014, um 11 Uhr eine Gedenkveranstaltung in Kooperation der LHS Magdeburg, Miteinander e.V., dem Politischen Runden Tisch der Frauen Magdeburg, der Deutsch-Polnischen- Gesellschaft und dem jüdischen Frauenverein Bereshith e.V. am ehemaligen Tor des Konzentrationslagers in der Liebknechtstraße 65 statt. Hierzu sind alle Interessierten herzlich eingeladen.
Zum Hintergrund des Gedenkortes in der Liebknechtstraße
Am 27. Januar 2008 wurde um 14.00 Uhr am Tor des ehemaligen Frauen-KZ in der Liebknechtstrasse durch Oberbürgermeister Dr. Lutz Trümper, die Magdeburger Gleichstellungsbeauftragte Editha Beier und die Vorsitzende des jüdischen Frauenvereins BeReshit Ellen Rublow eine Gedenktafel eingeweiht, die an die Geschichte dieses Ortes erinnert.
Auf Initiative des Politischen Runden Tisches der Frauen der Landeshauptstadt Magdeburg, des Vereins BeReshit und des Kulturbüro der LHS Magdeburg wurde am Tor des ehemaligen KZ-Außenlagers Polte-Magdeburg eine Gedenktafel in Auftrag gegeben und durch den Medien-Grafiker Herrn Lubusch angefertigt. Sie wurde am 27.01.2008 mit einer Gedenkfeier eingeweiht. Seitdem veranstalten das Amt für Gleichstellungsfragen und die Frauen des Politischen Runden Tisches der Stadt Magdeburg gemeinsam mit Künstlerinnen und Künstlern dort jährlich am 14. Juni Gedenkveranstaltungen.
Das Projekt versteht sich als Prozess.
Auf ehrenamtlicher Basis werden unregelmäßig aber beständig Aktualisierungen vorgenommen. Mit der Homepage verbindet sich zugleich die Einladung an alle Interessierten sich daran zu beteiligen.
Das Projekt versteht sich als Prozess.
Auf ehrenamtlicher Basis werden unregelmäßig aber beständig Aktualisierungen vorgenommen. Mit der Homepage verbindet sich zugleich die Einladung an alle Interessierten sich daran zu beteiligen.
9. Juli 1945
Erst zwei Monate nach dem Ende des Dritten Reiches wird Erich M. aus der Haft entlassen. Er war im Juni 1940 wegen seiner Homosexualität zu anderthalb Jahren Zuchthaus verurteilt worden. Als sogenannter Kriegstäter wurde die Haftzeit auf fünfeinhalb Jahre ausgedehnt. Erich M. verbüßte seine Strafe zunächst im Emslandlager Brual-Rhede, später in der Zuchthäusern Celle und Hameln.
3. Mai 1945
Ernst Lehmann, Mitglied im Widerstand der SPD, und Karl Schmidt, Mitglied im illegalen Kommunistischen Jugendverband, kommen bei der Evakuierung des KZ Neuengamme ums Leben.Sie waren bei Lübeck auf Schiffe verladen worden. Unvorstellbare Enge, Hunger, Durst und Krankheiten führen zum Tod vieler Häftlinge. Ein britischer Luftangriff, der Absetzbewegungen deutscher Truppenteile über die Ostsee verhindern soll, trifft die beiden in der Neustädter Bucht liegenden Schiffe „Cap Arcona” und „Thielbek. Nahezu 7000 Häftlinge verbrennen, ertrinken oder werden bei dem Versuch, sich zu retten, von der SS erschossen.
13. April 1945
Ernst Brandt, ehemaliger KPD-Stadtrat und Reichtagsabgeordneter, wird aus dem Gerichtsgefängnis Magdeburg-Sudenburg entlassen.Die NS-Zeit hatte er überwiegend in Schutz- und Untersuchungshaft in verschiedenen Strafanstalten und Konzentrationslagern verbracht – erstmalig von Mai 1933 bis August 1937, von September 1939 bis Mai 1943 und dann erneut seit März 1944.
13. April 1945
Bei einem Massaker von Volkssturmeinheiten und Angehörigen der Hitlerjugend sterben auf dem Gelände des Stadions Neue Welt mindestens 42 Häftlinge des evakuierten KZ Polte-Magdeburg.Einige Stunden zuvor hatten die Volkssturmzüge etwa 3.500 Häftlinge vom Außenkommando gewaltsam Richtung Osten durch die Stadt getrieben. Das alles geschieht während der Kriegshandlungen um die Einnahme der Stadt. Dabei geraten die Häftlinge bei einer Rast auf dem Stadiongelände unter Artilleriebeschuss amerikanischer Truppen. Unter Panik versuchen die Häftlinge Deckung zu finden, woraufhin die Wachmannschaften auf die Fliehenden das Feuer eröffnet. Nach dem Massaker werden die Überlebenden erneut zusammengetrieben und in Marsch gesetzt. Als die weiblichen Häftlinge schließlich das KZ Ravensbrück erreichen, sind von den knapp 3.000 Frauen des Außenkommandos nur noch etwa 600 am Leben. Die männlichen KZ-Häftlinge aus Magdeburg marschieren weiter Richtung Sachsenhausen.
11. April 1945
Bereits ohne funktionsfähige Kommandostruktur versuchen SS und Aufseherinnen die Häftlinge des KZ Polte-Magdeburg zu einem Evakuierungsmarsch zusammenzutreiben.Aus Angst und vielleicht auch aus Hoffnung auf die baldige Befreiung durch die US-Armee widersetzen sich die Häftlinge den Anordnungen. Die SS schießt um sich, es gibt viele Verletzte, doch muss die Lagerbewachung den Versuch zur Räumung schließlich aufgeben. Zwei Tage später wird es jedoch zu einem Todesmarsch der Häftlinge kommen, dann bewacht von Volkssturmeinheiten aus Magdeburg.
28. März 1945
Die 2. Kammer des Sondergerichts Magdeburg verurteilt einen italienischen Zwangsarbeiter wegen Unterschlagung zu einer Gefängnisstrafe von neun Monaten.Der 23jährige habe sich bei Aufräumarbeiten nach dem Bombenangriff vom 16. Januar in den Trümmern Stoffreste gefunden und sich „angeeignet“.